Depressions Kriseninterventionszentrum DeKIZ

Station 1 von 5. Der Beginn der Reise in 5 Stationen.
Irgendwann waren es 350 ungelesene Mails. Jeden Tag 50 – 60 neue, 10 blieben vielleicht übrig. Projekte, Dienstreisen, 3 kleine Kinder, jahrelanger Schlafentzug durch unterbrochene Nächte oder frühes Aufstehen für die Dienstreisen (5:00).
Dann 2 Wochen Krankschreibung. Verschlimmerte es (Dauerbelsatung zu Hause mit den 3 Kleinen + dem Schlafentzug).
Dann weitere 4 Wochen Krankschreibung + Jahresurlaub und fruchtloser Aufenthalt in einem Wellnesshotel. Keine Chance.
Der Motor wollte nicht mehr, die Batterie war genau so schnell alle, wie ich sie anfüllen konnte. Symptome Burnout /​Depression.
Meine Ärztin: Medikamente oder Klinik. Mmmh. Medikamente klang für mich nach Entmündigung, Gefahr, Hokuspokus, Abhängigkeit. Auf keinen Fall. Also Klinik.
Empfehlung: St. Hedwig, Krisenstation. Ich mache mich schweren Herzens auf den Weg. Dunkle Jahreszeit, dunkles Lebensgefühl, dunkles Ziel. Es ist Winter. Der Bau ist sehr schön, historisch. Überdauert. Der Weg führt mich erstmal in die Notaufnahme. Denn ohne einen Befund hier geht es nicht. Dann wieder nach Hause. Denn ein Platz wird nur frei, wenn jemand geht. Also warten. Ein paar Tage später klingelt das Telefon. Heute Abend.
Erleichterung! Endlich winken Erlösung, Schlaf, Reden, Erleichterung, Ankommen.
Pustekuchen. Mir ging es nicht schlecht genug. Das wusste ich aber auch erst, NACHDEM ich andere Patienten kennengelernt habe.
Meine erste Nacht durfte ich in einem Einzelzimmer verbringen. Ob ich etwas zum Schlafen bräuchte. Eigentlich nicht. Einschlafen kein Problem. Ohne nächtliches Kindergeschrei (meine arme Frau! Drahtseile anstatt Nerven) sollte es doch wunderbar klappen. Nun, ich nehm mal eine. Ein Antidepressivum, dass auch beim Durchschlafen hilft. Skeptisch bin ich aber ich probiere es. Will nur 1 Woche bleiben und dann geheilt wieder gehen — wie naiv!!! :-)
Der nächste Tag beginnt unglücklich. Ich hatte gehofft, ich könnte Ausschlafen (etwas, was ich dann auch im TWW (
) nicht haben konnte! Unfassbar!) — nix. Um 7:00 springt die Tür auf, ich müsse das Zimmer räumen, es käme gleich ein neuer Patient. Mmmh. na gut. Morgen dann ausschlafen. Die Tablette hinterlies mir dann den ganzen Tag ein abnehmendes Gefühl von Wattebausch im Kopf. Damit war klar — das geht gar nicht. Fragt man dann die Ärzte (auch im TWW (
)) — lebende Beipackzettel. Oder nicht mal das. Ich wette, die meisten von ihnen haben die Medikamente selbst noch nicht probiert. Wie soll jemand dann beurteilen können, was Tablette und was Symptom ist? Wie ätzend sich ein Medikament auswirken kann «Ach, das geht vorbei!» Danke für das Verständnis!
Ich wechsele in ein 3er-​Zimmer. Spannend, ehrlich! Spannend, auf welche Menschen man plötzlich trifft. Fotografen, Buchautoren, Profi-​Musiker renomierter Orchester, Trennungs-​Mütter, Personenschützer von Erich… Toll! Das verspricht spannend zu werden.
Doch das wurde es nicht. Irgendwie war es wie in einem Aquarium. Wir waren die Pflanzen, immer da, die Therapeuten, Ärzte und Pfleger waren die Fische und schwirrten immer um uns herum. Ich war neu hier. Keiner begrüsste mich. Ich meine, es waren bestimmt 12 Angestellte in allen Funktionen dort. Niemand hatte mich bisher kennengelernt. Ich war aber da. Kein «Hallo, guten Tag, ich bin … Sie sind neu gekommen? Wie heissen Sie… Wir sehen uns später /​/​sie sind dann bei Herrn /​Frau xyz»
Nö. Wozu auch. Der Laden füllt sich doch wie von selbst. Dass das Fischfutter aber nur deswegen in das Aquarium und die Rentenkasse gekippt wird, Leute, das liegt daran, dass es UNS hier gibt.
UNS = Patienten. Aber — es scheint derer so viele zu geben, dass man sich nicht um sie bemühen muss.
Und dann began der Alltag dort. Langeweile, Langeweile, Langeweile. Das Essen war grottig, das Neonlicht hilft bestimmt bei der Gesundung! Die Küche, die als Essraum dient, half dabei, Trübseligkeit in allen Formen zu erleben. Schnarchen von Mitpatienten — super!
Plötzlich war ich mit lauter Personen zusammen, von denen ich nicht wusste, weshalb sie hier waren. Ob sie reden wollten. Oder nicht. Viel Schweigen. Kein angenehmes Schweigen. Ein zurückgezogenes, verhaltenes, gedämpftes Schweigen.
Wo war ich gelandet? Das erste Mal tauchte bei mir das Bild von Jack Nicholson auf. Einer flog über das Kuckucksnest (
) .
Wenn ich wieder zu Hause bin, dann muss ich das unbedingt erzählen. Abgefahrene Stimmung. Fast unerklärlich. Und doppelbödig. Kaum greifbar. Subtil.
Denn es gibt die Welt der Patienten, unter sich, mit einem anderen Verhalten und einer anderen Offenheit, wenn man sich etwas beschnuppert und kennengelernt hat. Und die Welt vor dem Personal. Die suchen hauptsächlich nach etwas, von dem ich als Patient erst einmal