Immer Donnerstags um 1/4 vor 9

Von nun ab immer Donnerstags 19:45 Uhr wollten sich die alten Säcke zum lockeren Feierabendkick treffen. Alle die, die nicht mehr am aktiven Ballspiel des ehemals alternativen, aber immer noch ziemlich anderen Fußballclub FC Internationale (
) teilzunehmen in der Lage sind. Also die, dachte ich mir, die die Knie nicht mehr so richtig hoch kriegen, die, die früher mit Übersteiger an ihren Gegnern außen vorbeigingen, und jetzt dabei ins stolpern kommen, die, die früher wie Terrier Berti jeden Quadratmeter des Platzes abarbeiteten, und jetzt wie Maikäfer pumpend, nach einem Sprint über 15 Meter, die Arme in die Seiten stemmen und sich abwinkend an der Seitenlinie ausruhen. Genau das Richtige für mich, dachte ich mir, hatte ich doch meine Töppen bereits vor 3 Jahren an den Nagel gehängt, weil der Trainingsstress, der Erwartungsdruck und die Ansprüche der anderen 50 — 60-​jährigen von mir nicht mehr erfüllt werden wollten. Ich mochte nur noch spielen. Zum Spass. Egal, wie das Speil ausgeht, Hauptsache den Gegner mindestens 2x getunnelt. Das fand nicht so viel Anklang bei den Mitstreitern. Es ging ja immer noch um Punkte. Also Aufhören. Sang– und Klanglos. Ohne Tränen und ohne Abschiedsspiel. Und nun sollte es noch mal losgehen, gemeinsam mit anderen Geronten des Ballsports. Die Kunstrasenschuhe fand ich nach einigem Suchen im Keller. Stocksteif waren sie geworden, mit feinem grünen Belag umwoben, innnen hausten Spinnen. Sie kamen zwei Tage an die frische Luft und dann in die Waschmaschine. (Man kennt ja nach 40 Jahren Fußballspielen schließlich keinen befreundeten Sportartikelhändler, der einem die neuesten Modelle anpassen könnte.) Sie waren eng, aber sie passten noch. In der seit Jahren nicht mehr geöffneten Sportbekleidungsaufbewahrungsschublade lagen sie noch alle. Die Trikots, Kurzhosen und lange warme. Die jahrelange Benutzungsabstinenz hatten sie allerdings einlaufen lassen. Komisch, sie saßen jetzt ziemlich stramm am Körper. Da muß man durch. Überpünklich auf dem Trainingsplatz angekommen, fanden sich dann nach und nach weitere Recken ein. Oh man, manche kaum wiedererkannt. Und umgekehrt. «Hast Du Deine Haare zu Hause vergessen ?? «» Hast Du einen Ball verschluckt? «» Wer bist Du denn? «Das waren so die überaus lustigen Fragen die gestellt wurden, und die man sich gefallen lassen mußte. Und dann gings los. Zum Warmmachen wurde gleich mal kräftig aufs Tor gebolzt. Treffen war Glückssache, aber dafür schied schon der erste mit einer Zerrung aus. Schnell sollten zwei Mannschaften gebildet werden. Dabei gabs den ersten Streit, denn wie wollte man sie dann auf dem Platz unterscheiden. Dick gegen Dünn, wollten die einen spielen, Jung gegen Alt die anderen. Die weiteren Vorschläge, wie Glatze gegen Resthaar, Linksfüßler gegen Rechtsfüßler, Links– und Rechtsfüßler gegen die, die mit keinem der beiden Füße am Ball etwas anfangen können, wurden mit zum Teil fadenscheinigen Begründungen abgelehnt. Es fanden sich dann doch noch in der Ecke des Unkleidecontainers eine Tüte mit übel riechenden neongelben Überzieleibchen, die zog dann die Hälfte der übrigens ebenfalls in ehemals passende Oberbekleidung gezwängte Fastrentner an Ohne jede taktische Einstellung gings dann schon nach rund 35 Minuten los, gerade noch rechtzeitig, bevor die Dämmerung einsetzte. Da keine Helfer des Roten Kreuz bestellt waren, ließ man es ruhig angehen. Lustig wars trotzdem. Ein ehemaliger offensiver Linksaußenverteidiger versuchte ständig die scharfe Diagonalhereingabe vor das Tor. es ging fast immer schief, was er dann regelmäßig mit einem kräftigen «Sch… «sich selbst quittierte und zurückhumpelte. Der ehemalige Übersteigerrechtsaußen legte sich den Ball vor, spurtete los, fiel dann nicht nur ins Kreuz, sondern dabei auch hin. Der ehemalige Mittelfeldstratege, mit Fritz-​Walter-​Gedächtnishose bis zum Knie, humpelte schon, bevor es überhaupt los ging. Er hielt trotzdem durch. Der früher «Killer «genannte Mittelstürmer donnerte mit einer gepflegten Pieke das Sportgerät über den Zaun auf den Friedhof. Aus dem was dann passierte, hätte man auch einen lustigen Kurzfilm drehen können. Nach langer Diskussion, wie man wieder an Ball kommt, versuchten dann 4 ältere Herren den Zaun niederzuhalten, drei weitere kräftige Gestalten halfen einem Todesmutigen dann über den nun nur noch ca. 100 cm hohen Restzaun. Nach einigem Suchen wurde der Ball zwischen den Grabsteinen wiedergefunden. Der Ballholer hatte es auf dem Rückweg deutlich scherer, fehlen ihm jetzt doch die 3 Gewichtheber, die ihn noch vor 2 Minuten von der anderen Zaunseite behilflich waren. Als er dann unter Gejohle und Anfeuerungsrufen sich über den Zaun zurückgequält hatte, wurde festgestellt, dass 10 Meter weiter rechts eine hinter einem Gebüsch versteckte offene Pforte direkt auf den Friedhof führte. Das Spiel mußte dann trotzdem wegen Dunkelheit abgebrochen werden. Der Skribent, weil die Frage ja