In diesem Studentenwohnheim habe ich Ende der 90er Jahre zwei meiner sowohl deprimierendsten als auch spannendsten Jahre verlebt, was allerdings mehr am Alter als am Wohnheim gelegen haben mag. Das Wohnheim lässt einen sofort an die Gropiusstadt und den Film«Christiane F.» denken, die Gänge sind düster, die Decken niedrig und der Polyvinylchlorid-Bodenbelag trägt weiter zu tiefgründigen Gedanken über den Sinn des Daseins bei. Psychisch eher labilen Zeitgenossenen sei auf das Schärfste von diesem Ort abgeraten, da gibt es wesentlich nettere und vor allem grünere und familiärere Anlagen. Wer aber sehr günstig und zentral wohnen möchte, der hat dazu hier die Möglichkeit. Wenn man Glück hat wohnt man auf mindestens dem 7. Stockwerk und hat einen kleinen Balkon, dann ist die Aussicht wirklich großartig. Die Zimmer selber sind winzig und es wird im Sommer so heiß, dass einem richtig schwindelig werden kann. Vom Fenster zur Potsdamer hin konnte man am Wochenende wunderbar die Schlägereien vor der gegenüberliegenden Disco beobachten, einem äußerst mafiös wirkenden Laden. Auch gingen regelmäßig Gerüchte, dass Studenten vor dem Wohnheim überfallen wurden, Mädchen sollten daher nach Sonnenuntergang auf Begleitung bestehen! Durch die Architektur wirkt alles so anonym, dass auch das Kennenlernen von Mitbewohnern erschwert wird. In dem kleinen öffentlichen Küchen/Aufenthaltsraum haben damals jede Woche Studenten Spezialitäten aus ihren Heimatländern gekocht und für wenig Geld angeboten, dass war immer eine nette Sache. Zudem gibt oder zumindest gab es einen Fitnessraum, der zwar sehr vergammelt aber ein Ort für Gespräche«unter Männern» war.