U-Bhf. Bayerischer Platz

Wenn man an einem Bahnhof drei Jahre lang aus– und einsteigt, wächst er einem wirklich ans Herz. Für mich ist der U-​Bahnhof der beste Platz überhaupt.
Als ich nach Berlin kam, war Frauenbewegung angesagt und die Frau Schröder sollte sich bewegen oder abtreten. Aber nun ja, das wird sie im September 2013 sowieso.
Ja, in meiner Frauengruppe war eine Frau und als wir uns ein paar Mal getroffen hatten, gingen wir zusammen in eine Pizzeria am Bayerischen Platz und ich freute mich, daß diese nette Frau, ich glaube sie hieß Patritzia, mit mir in eine Pizzeria ging. Ja, und dort mußte ich dann erfahren, daß sie ein Mann ist. (Nun das war sie ja nicht, weil sie transexuell war, aber ich hatte doch so wenig Ahnung und wollte entweder das oder das)(aber in diesem Fall nicht sowohl als auch).
Es zogen weitere fünf Jahre ins Land und ich bewegte mich. Ich fuhr nach Griechenland als es das vereinigte Jugoslawien noch gab. Ich nahm meinen damaligen Freund mit zu meinen Eltern, denen das egal war, wen ich so daherbrachte und mit dem Freund spazierte ich dann zu einem Waldcafe, weil es in Berlin zu der damaligen Zeit kaum Café’s gab, außer Kranzler und Möhring und die waren total langweilig. Irgendwann gab es dann das Schwarze Café in der Kantstraße und ein Super Café gab es am U-​Bahnhof Reinickendorfer Straße, alles vorbei!
Und ich wollte mein Abitur nachholen. Dafür mußte ich aber zwei Jahre Wartezeit in kauf nehmen, weil damals wollten das viele.
Aber ich habe durchgehalten und ich habe die Aufnahmeprüfung bestanden und ich saß in der Klasse und las dort die TAZ, weil der Unterricht in Deutsch mich langweilte und Mathe verstand ich bei der Lehrerin mit dem besten Willen nicht und Spanisch war auch ein Problem mit den vielen Unregelmäßigkeiten.
Als nun das Einführungjahr vorbei war, wollte der Deutschlehrer mir eine Fünf geben, obgleich ich doch die Arbeit mit einer Zwei geschrieben hatte. Er aber meinte, er könne mich nicht mündlich benoten und die mündliche Benotung würden zweifach zählen, weil ich entweder nicht da war oder die Zeitung gelesen hätte und mich mündlich nicht beteiligt hätte. Eine mündliche Prüfung lehnte er aber ab.
Die Spanischlehrerin fragte mich, ob ich weitermachen wolle und davon hing es ab, ob sie mir eine Vier oder Fünf geben würde. Ich sagte, daß ich natürlich weitermachen wolle und sie gab mir eine Vier.
Aber wenn ich in Mathe auch eine Fünf gehabt hätte, hätte das ja gar nichts genutzt, denn zwei Fünfen konnte ich mir nicht leisten, aber die Mathelehrerin gab mir vier Aufgaben. Das war an einem Donnerstag.
Zwei Einser Mitkollegiaten wollten mir am Samstag helfen.
Ich selbst ging mit diesen Aufgaben zu dem Freund, der auch der Vater meines Kindes ist, aber von dem ich mich getrennt hatte. (Ich wußte, der kann gut Mathe). Nun, der besah sich die Aufgaben von denen ich Null-​Ahnung hatte, zunächst mal und sagte: Ja, ich verstehe die schon, aber Du weißt ja, daß wir Konflikte haben und deshalb kann ich Dir da nicht helfen. Und ich ließ nicht locker. Da meinte er: Mm, ich kann Dir jemand nennen, der ist Assistent an der TU, vielleicht hilft er dir”. Und er gab mir eine Telefonnummer.
Damals gab es ja noch die gelben Telefonzellen und ich telefonierte sofort und welch ein Glück er war am Apparat und ich konnte auch gleich zu ihm kommen und das tat ich. Der schaute sich dann auch die Aufgaben an, sprach mit mir ein bißchen, stelle ein paar Mathefragen, aber noch nicht zu den Aufgaben gehörten und sagte mir, daß ich am Freitag abend zu ihm kommen solle. Das tat ich.
Und dann arbeiteten wir und ich habe innerhalb zwei bis drei Stunden das aufgeholt, was der Stoff eines Jahres war. Echt, wenn ich daran denke, war das ja eine Leistung. Ich hab’s begriffen. Wir verabredeten uns dann für Sonntag, damit er mich nochmals prüfen könnte. Am Samstag kamen die zwei Einser KollegiatInnen, um mir zu helfen. Auch für die Einser-​KollegiatInnen waren diese Aufgaben nicht einfach, deshalb staunten sie Bauklötzchen, als sie sahen, daß ich daß ja schon alles wußte. :-)
Ja, sie halfen mir aber trotzdem, denn sie sagten, daß ich das auch ordentlich hinschreiben solle und das war gut so.
Ja und dann war Sonntag. Ich ging zu dem TU-​Assistenten und er prüfte mich, ob das jetzt klar war, aber das dauerte jetzt vielleicht nur noch ein knappes Stündchen. Er sagte aber auch zu mir, daß ich das zu Hause nochmals abschreiben solle, das könne nicht schaden. Das tat ich.
Jetzt war Montag und ich brachte mein Kind frühzeitig in einen selbstorganisierten Kinderladen. Dort war noch niemand, auch keine Erzieherin oder andere Mama und ich kochte mir erstmal einen Kaffee und schrieb nocheinmal die Aufgaben ab.
Dann fuhr ich zum Bayerischen Platz, ging die Meraner Straße entlang, die in die Badensche einmündete. Dort war das Berlin-​Kolleg mit den fortschrittlichen Lehrern, die aber nur meinten fortschrittlich zu sein. Um 10.00 war die Prüfung.
Die ganze Klasse war da. Ich stand an der Tafel, meine Hand zitterte, ich bekam fast