Peterstraße

Es wäre schade, wenn man bei einem Spaziergang durch die Peterstraße nicht vorher an drei ebenfalls schon sehenswerten Gebäuden vorbeiginge.
Zunächst hält die Buslinie 112 direkt vor dem Museum für Hamburgische Geschichte, das seine Verbundenheit mit der Seefahrt durch seinen Turm ausdrückt: einem Leuchtturm nachempfunden leuchtet auf seiner Spitze ein Windfähnchen in Form eines messingnen Zweimasters und zeigt die Windrichtung an.
Auf der gegenüberliegenden Seite lohnt sich ein Blick auf das liebreizende Portal des Heine’schen Wohnstifts der Hartwig Hesse Stiftung und seine Fassade. Einladend steht meist das schmiedeeiserne Tor meist halboffen und bietet einen schönen Blick auf den romantischen Vorgarten.
Fehlt nur noch eine junge Deern mit Reifrock und einem rüschenbesetzten Schirmchen für einen zarten Teint.
Links daneben imponiert ein mächtiges Doppelhaus, optisch getrennt durch eine Regenrinne: eine ehemalige Volksschule. Damals besuchten die Kinder ihre Schule noch geschlechtergetrennt und hatten natürlich jeweils ihren eigenen Eingang, hier gekennzeichnet durch die Gesichter von Freia und Wotan. Ist wohl klar, welcher Eingang für welches Geschlecht, oder?
Nun geht es aber in das eigentliche Ziel dieses Spaziergangs, die Peterstraße. Sobald wir vom Holstenwall kommend Hütten überquert haben, wähnen wir uns ins 17. Jahrhundert zurück versetzt
.
Wer jedoch nun glaubt, sich hier in einem alten Viertel Hamburgs zu befinden, liegt falsch. Vielmehr handelt es sich bei der Peterstraße um ein Projekt der Carl-​Toepfer-​Stiftung, die sich der Denkmalpflege verschrieben hat. Toepfers Idee war es, mit der Rekonstruktion Althamburger Kaufmanns– Bürgerhäuser dem alten Hamburg ein Denkmal zu setzen. Schöné Idee und gelungen umgesetzt.
Verwundert nimmt der Besucher zudem zur Kenntnis, dass es sich bei diesem Teil Hamburgs um die sogenannte «Neustadt» handelt; «Neustadt», weil durch den Bau eines neuen Schutzwalls im Dreißigjährigen Krieg ein bislang ungeschütztes Gebiet «neu» zu Hamburg kam und als «Neustadt» bebaubar wurde.
Das umfangreiche Informationsmaterial über Toepfers Idee wurde nach seinem Tode in der Niederdeutschen Bibliothek im Eckhaus Peterstraße 36/​Hütten der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, bevor es 2011 in die Hände der Stiftung Hanseatisches Wirtschaftsarchiv übergeben wurde.
Die Gebäude, die diese Straße so malerisch flankieren, standen einst verstreut in den Wohnvierteln der reichen Hamburger in der Nähe der Katharinenkirche, der «Altstadt». Auf dem Gebiet rund um die Peterstraße befand sich vielmehr das Wohnviertel der ärmeren Bevölkerung, das sogenannte Gängeviertel (Nomen ist hier Omen.)
Die alten Fachwerk– und barocken Bürgerhäuser von vor 300 Jahren wurden hier original getreu wieder aufgebaut und bilden ein harmonisches Gesamtbild. Original alt ist lediglich das Beylin-​Stift in Nr. 39, damals wie heute preisgünstiger Wohnraum für ältere Menschen. Die früheren Standorte der Häuser kann man einer Tafel entnehmen.
In gleicher Häuserreihe wie das Beyling-​Stift befinden sich gleich zwei sehr intime Museen, die Auskunft über das Leben und Wirken der Komponisten Johannes Brahms sowie Georg Telemann geben.
Sehr malerisch der Fachwerkinnenhof hinter den beiden Häusern, der im Sommer mit seinen einladenden Bänken inmitten duftender Blütenpracht eine wahre Oase mitten in einer Großstadt ist. Der schmale Durchgang zwischen den beiden Museen vermittelt zudem anschaulich die Enge der damaligen Bebauung und «Gang» bekommt hier seine ganz eigene Bedeutung. Ein kunstvoll geschmiedetes Eisengitter steht zum Glück meistens offen.
Die Museen werden heutzutage übrigens von eigenen Stiftungen betreut.
Nähert man sich dem Ende der Peterstraße, stößt man auf die Neanderstraße und frontal auf einen Block weiterer, von der Toepfer-​Stiftung rekonstruierten, Zeugnisse alten Baustils. Die beiden rechten Gebäude sind der sogenannte «Lichtwarksaal», ein Beispiel für den Stil der ersten Mietskasernen in der Stadt, deren Wohnungen bereits über fließendes Wasser verfügten.
Hinter der kunstvollen alten Fassade befindet sich heutzutage allerdings ein Veranstaltungsort mit allen Raffinessen.
Mit Bedauern musste ich zur Kenntnis nehmen, dass das gemütliche Traditionsrestaurant «Alter Senator» einer modernen Dependence einer Food-​Kette gewichen ist.
Schade — die urigen Holzbänke hatten gut zur Charakter der Peterstraße gepasst.

Verlogene Rekonstruktion war das Urteil eines Fremdenführers, die ich zufällig mitbekam. Und ich muss ihm Recht geben. Es handelt sich um ein Disneyland alter Bauten, das nur zu laut von dem schlechten Gewissen spricht, das der Senat bekommen hat, als der Wandel eintrat vom unkritischen Verdammen alles Alten zur neuen Behutsamkeit. Vielleicht ist es aber auch nur das materielle Kalkül angesichts der Gelder, die der Tourismus in die Kassen spült, und die Besucherzahlen in der Deichstraße oder den Kramer Amtstuben sprechen davon, dass es nicht nur die ultramoderne Hafencity ist, die die Neugier weckt.
Die Peterstraße sieht aus, wie sie früher nie ausgesehen haben kann, denn sie war eine Straße der armen Leute und war nicht mit den verzierten Portalen versehen, die man als Versatzstücke des Musealen dorthin geschleppt hat. Was dem Ganzen die Krone aufsetzt, ist die Kopie des Paradieshofes aus dem Neuen Steinweg, die geschaffen wurde, während das Vorbild mit verstümmeltem Giebel im Dornröschenschlaf stand. Wenigstens ist dieses barocke Wohnhaus inzwischen restauriert, und so haben wir zwei Paradieshöfe in Hamburg, Original und Fälschung.

Sehr sehr schön. auf jeden Fall ein Besuch wert.
Super schöné alte Häuser =)

Geht man durch die Peterstraße, könnte man meinen, man ginge durch eine historische Straße. Das ist leider ein Irrtum, denn die Straße ist eine Zusammenwürfelung von Bürgerhaus-​Nachbauten aus den Jahren 1610 bis 1780, die ursprünglich in anderen Stadtteilen standen.
In den 1960er Jahren fand man es wohl schick den Touristen eine heile Neustadt vorzugaukeln, obwohl wahrscheinlich fast jeder Hamburg-​Besucher schon einmal von dem großen Brand gehört hat, der weite Teile der Neustadt zerstörte.
Barocke Fassaden hat es jedenfalls in den Häusern der Peterstraße so nie gegeben, die Straße war hingegen gesäumt von schmalen Fachwerkhäusern.
Nur das Beyling-​Stift, das ursprünglich zum Abriss vorgesehen war, ist originalgetreu restauriert und wieder errichtet worden. Es befand sich auch ursprünglich in der Peterstraße.
Der Bau entstand zwischen 1751 und 1770. 1824 erwarb ihn J. Beyling, der den Bau 1899 einer Stiftung für Altenwohnungen übereignete, die vermietet auch heute noch ihre Wohnungen günstig an älteren Menschen vermietet.
Interessant ist auch das Brahmsmuseum in der Peterstraße 39. Hier gibt es sämtliche Werke des großen Komponisten auf CD und eine Präsenzbibliothek von 300 Bänden.

Cute little street, feels like I’m suddenly in Lübeck in the middle of Hamburg.

toller Tipp, danke Mostro!
Ein paar alte Häuser erhalten, renoviert oder liebevoll neu aufgebaut. Ein paar andere umgesiedelt und man kann wenigstens in Ansätzen erahnen, wie es früher in der Neustadt ausgesehen haben mag.
Ok, die Gebäude gehören so nicht zusammen, die Strassen waren früher bestimmt schmaler und winkliger und garantiert schmutziger. Ich finde aber sowohl diese kleinen Elemente an geschichtlicher Bebauung für Normalbürger und besonders das Engagement einzelner Bürger zum Erhalt dieser Geschichte bemerkenswert.
Was ein bisschen schade ist, daß in der Peterstrasse PKWs geparkt waren. Ohne wäre der Eindruck bestimmt noch intensiver gewesen.

Wie schon oft beklagt, ist vom mittelalterlichen Hamburg durch die Schäden des großen Brandes 1842 und der Kriege nicht viel übrig geblieben. Ein durchschnittlicher Hamburger freut sich daher überdurchschnittlich über das Vorhandenseins von Häusern des 17. oder 18. Jahrhunderts, wie in der Deichstraße oder an den Krameramtsstuben. Und jeder, der sich mit Hamburger Geschichte beschäftigt, staunt mit Grauen darüber, wie die Hamburger Pfeffersäcke zu jeder Zeit kulturell wichtige und wertvolle Gebäude aus monetären Beweggründen abreißen ließen, das irrwitzigste Beispiel ist der Hamburger Dom.
In der Peterstraße findet sich hier aber genau das historische Gegenteil und zwar in einer Zeit, die eigentlich für ihren rücksichtslosen Umgang mit historischem Gut bekannt war, den 1960ern. Hier dachte man nämlich wieder einmal über den Abriß des historischen Beyling-​Stiftes nach. Der Stiftungsbau entstand zwischen 1751 und 1770, wurde 1824 von J. Beyling erworben und 1899 einer Stiftung für Altenwohnungen übereignet. In diesem Fall jedoch wurde ein Projekt zum Erhalt unter Federführung der Alfred Toepfer Stiftung begründet, die die verwinkelten Gebäude mit ihren alten Ziegelfassaden und kleinen Hinterhöfen von 1966 bis 1982 in den historischen Formen restaurieren ließ.
Das war aber kurioserweise nicht alles, offenbar hatte man Gefallen am Historismus gefunden: Alfred Töpfer ließ gegenüber des Stiftes Ende der 1960er Jahre nach alten Plänen Bürger– und Kaufmannshäuser aus anderen, zerstörten Stadtteilen aus den Jahren 1610 bis 1780, neu errichten. Die historische Neustadt, deren Bebauung durch Fachwerkhäuser und schmale Gassen charakterisiert war, hat nie so ausgesehen, daher gab es wie immer viel Kritik von Historikern.
Dennoch ist der Anblick der historischen und nachgebauten Häuser wahrlich eine Wohltat für das Auge des Besuchers, der zuvor durch all die potthässliche Neubauten der Nachkriegszeit und die angeblichen Perlen der neueren Architektur am Hafen geplagt worden ist. Und besonders schön ist ein Gang durch die alten engen Hinterhöfe mit ihren ruhigen Gärten und das Bewusstsein, daß in der Tradition des Beyling-​Stifts fast alle Wohnungen der Peterstraße preisgünstig an Senioren vermietet sind. Meiner Meinung sollten die Historiker angesichts all der Scheußlichkeiten, die uns zeitgenössische Architekten in die Stadt klotzen, wirklich ihre Kritik in geeignetere Kanäle lenken — so eine Gestaltung wie hier ist mir tausend mal lieber als jede angebliche Architektonische Sensation der Hafen-​City!
P. S.: In der Peterstraße Nr. 39 befindet sich übrigens heute das Johannes Brahms-​Museum. Unter anderem findet man hier sämtliche Werke von Brahms auf CD und eine Präsenzbibliothek von 300 Bänden.