Rating des Ortes: 5 Frickenhausen, Baden-Württemberg
Wer ganz ursprüngliche schwäbische Gemütlichkeit kennenlernen will, der muss in unserer globalisierten Gesellschaft schon manchmal etwas suchen. Zu viele Wirtschäftla gibt es ja gar nemme. Wer wirklich die schwäbische Sääle kennenlernen will, der muss in einen Besen. Eine Besen– oder Straußwirtschaft ist ein Hausausschank. Angeblich nach einem alten Erlaß von Kaiser Karl dem Großen in Aachen im Jahr 797, dem Capitulare de villis vel curtis imperii, ist es Weinerzeugern erlaubt, ihre Produkte für eine begrenzte Zeit ohne Konzession auszuschenken. Dabei dürfen nur hausgemachte alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, die Limo darf aber aus der Fabrik kommen. Einfache Speisen sind auch erlaubt. Solche Besenwirtschaften finden sich in Württemberg allerorten und sie erfreuen sich wieder vermehrter Beliebtheit. Besa ischd in! Zweimal im Jahr hängt in Kohlberg der Besen über der Tür. Dann ist es wieder Zeit, auf einen Moschd bei Frieda reinzuschauen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Besen in der Region gibt es dort keinen Trauben-, sondern Apfelwein. Moinschd mogschd Moschd? Diese Frage kann also beantworten, wer einen Abend bei Frieda verbracht wird. Hier trifft man sich nicht, wie leider heute sonst oft in Besenwirtschaften üblich, in einer zugigen Garage oder einem Anbauschuppen, sondern in einer gemütlichen alten Wohnung im Bauernhaus. Die gehörte früher eben erwähnter Frieda. Präsent ist sie nur noch in zahlreichen Bildern an der Wand. Das Interieur ist original, und so ist es wirklich absolut hoimelig. Der Ofen bollert in der Ecke, wie es sich gehört und es wird derb schwäbisch gschwätzt. Ausgeschenkt wird der Moschd frisch vom Faß, a reachder Schwob bestellt freilich gleich a ganzes Krügle voll. Für kleine Schwoba, Autofahrer und Abstinenzler gibt es Süßmoschd, also Apfelsaft. Dazu kann man sich ein rustikales Veschper oder natürlich die obligatorische Schlachtplatte genehmigen. Das Schnäpsle hernach darf natürlich auch nicht fehlen. Für den, der gerne mal den Schwaben an sich studieren will: Ein paar Originale aus dem Ort finden sich auch stets ein, wenn der Besen offen hat, und es macht Spaß, den Gesprächen zu lauschen und spätestens dann, wenn der Promillepegel stimmt, wird auch der leutscheue Schwabe plötzlich aufgeschlossen und bindet Fremde in sein Gespräch ein. Arm wird man zudem im Besen auch nicht, die Preise sind sehr zivil, da schmeckts auch dem sparsamsten Schwaben noch. Wenn es sich mal wieder trifft, daß der Moschtbesen offen hat, wenn ich im Ländle bin, ist ein abermaliger Besuch so sicher wie das Amen in der Kirche.