Second Hand

Ich sage es immer wieder — man muss einfach die richtigen Orte kennen.
Tekamxx jeden Tag — bringt nichts, H&M ist gerade irgendwie nicht sooo meins, Zara zu teuer — meine geliebte Kompott-​Party steht bevor und ich habe NICHTS anzuziehen.
Ausserdem ist es kalt geworden — und da wird die Aufgabe komplizierter. Das Kleidungsstück muss ausser, daß es schön sein muss, auch noch warm, aber nicht zu warm, sonst schwitzt man zu schnell. Oh! Hilfe.
Und wie es immer so ist, in den Minuten großer Verzweiflung, fällt Dir plötzlich der kleine Laden ein, an dem Du neulich vorbei gelaufen bist, aber keine Zeit hattest.
Ich habe mein tolles Kleid für 12 Eur gekauft. Jeder auf der Party sagte, daß ich heute ganz gut aussehe und zu kalt oder zu warm war mir auch nicht.

Der Second-​Hand-​Laden auf der Bonner Straße ist nicht riesig, fällt einem im Vorbeigehen aber direkt auf, weil das Schaufenster immer so liebevoll dekoriert ist. Das annimiert einen oft, schnell einen Blick in den Laden zu werfen.
Das Angebot ist nicht auf eine spezielle Richtung festgelegt. Hier gibt es keine besonders schrägen Sachen und kaum irgendwelche Raritäten, sondern zumeist ganz normale Alltagskleidung. Manchmal hat man aber auch Glück und man findet ein besonderes Teil. Die angesetzten Preise sind nicht überzogen und völlig in Ordnung.
Umgekehrt kann man hier Dinge, die noch in gutem Zustand sind, die einem aber nicht mehr passen oder die vielleicht doch ein Fehlkauf waren, zum Verkauf anbieten.
Wenn das verpöhnte Kleidungsstück dann eine neue Besitzerin gefunden hat und der abgelegte Mantel einem auf der Straße entgegenkommt, darf man sich dann aber auch nicht ärgern, daß es an der Dame gegenüber vielleicht doch gar nicht so schlecht aussieht und daß man es aus der Hand gegeben hat.

Der Second Hand Laden auf der Bonner Straße ist tatsächlich noch ein Laden, der nicht mehr und nicht weniger verspricht, als sein Name: Second Hand. Er hält sich fern von neumodischen Konzepten, die nun auch Kaffee anbieten oder ihr Angebot stylisch drapieren. Hier gibt es einfach besonders günstige Dinge, die schonmal wer an hatte. Auf realtiv wenig Raum.
Ich glaube genau aus diesem Grund findet man hier das ein– oder andere besondere Schmuckstück, für das man im stylo Second Hand mit Kaffee vielleicht zu spät dran gewesen wäre. Der Preis war stets überraschend günstig. Nicht mehr und nicht weniger was der Name verspricht: Second Hand. Schön.

In Köln hat man eigentlich alles, was das Second-​Hand-​Liebhaberin-​Herz begehrt. Läden für besonders schräge Klamotten, Läden für Designer-​Ware, Läden, die muffig riechen und Läden, in denen man sich wundert, ob das alles wirklich keine Neuware ist.
Liebevoll gestaltet ist der Second Hand Laden «Zeit der Rosen», für mich immer noch die Nummer 1.
Trotzdem finde ich es gut, dass es auch in der Bonner Straße eine Möglichkeit gibt, günstig das ein oder andere Teil zu erwerben. Böse Zungen würden formulieren, dieser Second Hand auf der Bonner hätte kein wirkliches «Profil». Ich sage, er ist, wie er ist. In Ordnung.

Im Second Hand-​Laden, der schlicht und ergreifend Second Hand heißt, die Sache auf den Punkt bringt, auf der Bonner Straße in der Südstadt unweit des Chlodwigplatzes ist es familiär, günstig und unprätentiösnett: dudelt das Radio, wird nachbarschaftlich geplaudert.
Alle Kleiderstangen in diesem kleinen Geschäft sind bis unter die Decke voll mit Klamotten aus zweiter Hand, alle Dinge, die hier reinkommen, werden vorab gründlichst inspiziert und wenn notwenig repariert und geflickt, so dass man sicher sein kann, dass die Klamotten, die hier erwerbbar, taugen. Alltagstauglich, die Klamotten, Schuhe und Schmuck für Damen und Herren hier — ein Galakleid oder special Vintage sollte man hier eher nicht finden wollen -; und zwischendurch, da kann man auch mal ein Schnäppchenschätzchen an Designerware finden.
Second Hand eben.