Platform3

Mit der Platform3 hat sich die Stadt München viel vorgenommen. Der Münchner Süden soll mit der Platform ins Zentrum des kulturellen Interesses rücken, ein Forum soll geboten werden für interdisziplinären Austausch und ebensolche Weiterbildung und des Weiteren werden Künstlerateliers zur Verfügung gestellt.
Mit einem ambitionierten Ausstellungsprogramm und abwechslungsreichen Vorträgen und Workshops sucht man nun also das Publikum ins Haus zu locken und es geht eher zäh.
Wenn man jedoch einmal den Weg auf sich genommen hat und auf dem Industriegelände, am Fitnesstudio vorbei, in die luftigen Räume der Platform gelangt ist, dann gewinnt all das, was da im Konzept so spröde formuliert ist, plötzlich Form.
Am Schösten ist es zu sehen, wie eifrig die Ausstellungsmacher selbst dabei sind, sie sind wirklich euphorisch über das, was sie da mit den häufig internationalen Künstlern und Gästen verwirklicht haben. Am kleinen (bewirteten) Tresen hinter dem Ausstellungsraum lässt es sich auf Bierbänken sitzen und mit eben jenen Ausstellungsmachern und Künstlern anstossen.
Und hat man einmal in der Reihe ‘kuratorische Praxis’ einem Vortrag einer südafrikanischen Kuratorin gelauscht und gesehen, wie wenig Resonanz da von seiten des Münchner Kulturpublikums da ist, dann wünscht man sich wirklich, die Münchner wären nicht so auf ihre Viertel fixiert und willens, einmal über den Tellerrand zu schauen.
(Der Eintritt ist zumeist frei und häufig gibt es auch Angebote für Kinder. Ein Newsletter lässt sich über die Website beziehen.)

Nun eine faust aufs auge würde ich es nicht gerade nennen, auch wenn in der SZ das review diesen titel trägt, aber viellicht ein paar trauben auf den augen, denn das bier ist warm und kostet soziale 3 Euro für 0,3.
die ausstellung belief unlimited, die derzeit läuft –ist schon teilweise etwas, das ich länger als 10 minuten betrachten würde, wären da nicht die eiskalt getunten betonräume, die sich wohl neutral für das präsentieren der kunst halten sollten.
bei der vernissage aber verwandelten sich diese weissen gelackten oberflächen in ohrenbetäubende whiterooms und die organisation von ton und getränk (warmes tegernseer) macht einem die kunst nicht gerade schmackhaft. soll wohl auch eher ein intellektuelles her-​deut-​centrum sein und passt gut zum münchner kultur outfit, in dem altgernative wirklich verstörend subversive und politisch engagierte ausrichtungen fehlen.
einzelne ausstellungsstücke der belief unlimited (bis 7. juli 2009) wie das papierhaus für tote ohne angehörige oder die fotografischen Arbeiten von gebetshaltungen oder die dirndlmoschee haben bei mir interesse für die künstler geweckt — die so prätentiösen arbeiten von tom schmelzer verpuffen in der so sauberen umgebung des platform 3 ambientes.
man kann nur hoffen, dass sich die ausstellungqualität in zukunft unter neuer? leitung etwas mehr am puls der zeit bzw des müncner südens orientiert. nur so als anstoss: in sendling gab es vor 30 jahren mehr maschninenfabriken und arbeiter als anderswo, die menschen waren verschwitzt und die kleider verrusst, vincenz murr baute seine fleischfabrikation aus, knochen fuhren auf güterwagen über die gleise, künstler die hier nun arbeiten versuchen den duft vergangenem brot und schweisses in dialog mit unserem sterilen alltag zu setzen — alles hoffentlich zu sehen bald? im platform 3.