Am Brühl Ursula Schmidt

Ein Freund hatte das Lokal als hervorragende Adresse angepriesen und so haben wir uns dort (in dieser wunderschönen Stadt, deren Einbahnstraßensystem einen absolut in den Wahnsinn treiben kann) getroffen.
Der große Gastraum, ein ehemaliger Stall, sehr geschmackvoll gestaltet und eingerichtet.
Professionelles Personal.
Der Wein schon mal eine leichte Enttäuschung: ein moussierender blauer Portugieser aus der Saale Unstrut Region. Auf unsere Frage, ob das so gehöre, wurde eine zweite Flasche geöffnet, die auch moussierte.
Die Küche gehobenes Preisniveau, winzige Portionen und geschmacklich keinesfalls außergewöhnlich: die Küche, so der Eindruck, kann mit dem an sich selbst gestellten Anspruch nicht mithalten.
Der Fisch etwas zu trocken geraten, die Lammbratwürste im Geschmack gewöhnlich.
Der Gesamteindruck: vom Anspruch her will man als etwas Besonderes gelten, dementsprechend sind auch die Preise gestaltet. Mag das Ambiente auch gelungen sein, die Küche bleibt, wenn auch eine leichte, so doch eine Enttäuschung. Schade, daß sich auch dort, wo man mit regionalen Werten punkten könnte der übliche Schick einbürgert, der wie so oft eine Hülle ohne wirklichen Inhalt ist. Die hausgemachte Soljanka an der Landstraßen Imbißbude hat mich jedenfalls entschieden glücklicher gemacht.
Muß ich nicht mehr hin.

Fälschlicherweise heißt das sehr schön eingerichtete Restaurant des ersten Hauses am Platze Weinstube. In Wirklichkeit ein fein-​rustikal ausgebauter, ehemaliger Kuhstall, 7 gegenüber, wie man aus der Historie liest (was ein viel charmanterer Name für das Restaurant wäre). 7 Kühe standen nämlich 7 anderen Kühen gegenüber, damals. Heute haben wir gebeten, dass man 5 Gänge für uns kocht, die wir dem Küchenchef überlassen. Einzige Bitte: Zwischendurch kein Sorbet. Abends lesen wir die (extra für uns) schon ausgedruckte Karte: mit Sorbet. Punktabzug. Auf dem Tisch: Ungleiche Weingläser. Punktabzug. Die Weinempfehlungen auf der individuellen Menükarte ohne Angabe des Winzers: Punktabzug. Der Menüauftakt mit Amuse Bouche perfekt. Erster Gang: Trialog von Spargelmousse und Jacobsmuschel an feinen Blattsalaten — Chapeau! Folgt die Rinderessenz mit Morchelraviolo (!), gleich einem Raviolo — geschrieben aber Ravioli (!) und buntem Allerlei. Urteil: Kann man genauso machen — aber wenig aufregend. Dann der Sorbet-​Ersatz: Seeteufel im Speckmantel mit Gemüse-​Graupen-​Risotto. Nun: Speckmantel überdick, dadurch mehr auf dem Herd, dadurch Fisch leicht trocken. Gaupenrisotto sehr interessant, originell. Folgt Crepinette von der Wachelbrust mit jungem Gemüse und Kartoffelgratin: Sehr lasche Aromatik, Sauce zu fettig — nicht angemessen im Preisgefüge und im Anspruch der Küche. Punktabzug. Nochmal Punktabzug, weil einfach Brot und Butter nicht abgeräumt werden. Schließlich die kleinen Dessertvariationen Hotel am Brühl mit einem Knaller, genannt Harzgeist-​Schokotrüffel. Unser flehendlicher Augenaufschlag nach einem kleinen Nachschlag wird charmant übersehen, allerdings ein Harzgeist — auf Nachfrage — gereicht.
Normalerweise lässt sich der Küchenchef bei 5 individuellen Gängen (die auch leider exakt so auf der normalen Karte standen) am Tisch sehen und man wechselt ein paar nette Worte miteinander. Unsere Nachfrage wird so beschieden: Der ist doch längst gegangen! Und im übrigen war es (leider) nicht der Küchenchef, sondern sein Stellvertreter. Autsch! Auch unser Fehler. Insgesamt etwas zu wenig für die Topadresse in Quedlinburg. Leichte bis mittlere Enttäuschung. Aber die Bedienung war offen, ehrlich, Klasse! Das ist doch dann etwas sehr Gutes!