Fillgraderstiege

Als Nachteule im 6. Bezirk kennt man sie, die Fillgraderstiege, die zwischen Downstairs und Titanic Bar die wankenden Schritte der Partytiere stoisch über sich ergehen lässt, sich geduldig von den Frischluftschnappern umklammern lässt und ganz allgemein einen schnellen Abstecher von der Theobaldgasse auf die Fillgradergasse ermöglicht.
In den frühen Anfängen des 20. Jahrhunderts wurde sie im Jugendstil erbaut und zu Ehren der Frau Fillgrader eben Fillgraderstiege benannt.
Die gute Frau führte Gutes im Schilde, gründete eine Stiftung für verarmte Bürger. Als Witwe eines scheinbar wohlhabenden Glockengießers konnte sie das.
Heute birgt die Stiege auch in ihrem Inneren Leben. Ein kleines Café mit einer Galerie befindet sich in ihrem Bauch. Und wenn der Tag den Vorhang zugezogen und sich die Nacht über die Stadt gelegt hat, beginnt die Stiege zu atmen und aus ihren Glasaugen strahlen bunte Lichter in die Finsternis. Und der Vorbeigehende denkt sich: «Hach, wie stimmig-​schön.»
Ihren Zauber hat die Fillgraderstiege auch über eine Jury von internationalen Kunstexperten gelegt. Und seitdem kann sie stolz den Titel «Viertschönste Treppenanlage Europas» tragen. Es sei ihr gegönnt.

Diese denkmalgeschützte Stiege (Architekt Max Hegele) überwindet den Niveauunterschied zwischen der höher gelegenen Mariahilferstrasse und der tiefer gelegenen Gumpendorferstrasse durch zwei Treppenflügel. Der Wientalfluss unten sozusagen erfordert ein Hinaufsteigen über diese Treppenanlage. Sie wurde zwischen 1905 und 1907 im sezessionistischen Stil erbaut und wurde von einer Jury zur viertschönsten Anlage dieser Art in Europa gewählt. Zuletzt wurde sie 1985 renoviert. Neben dem Material Stein gibt es noch Jugendstilgitter und –verzierungen aus Gusseisen.