Heute

Die Heute ist gratis, daher darf man sich wohl nicht zu viel Qualität erhoffen, aber das? Dieses Blatt schafft es sogar, selbst unter das Niveau der Kronenzeitung und der Zeitung Österreich zu sinken. Anfangs habe ich mir auch noch ab und zu eine geschnappt, sieht man sie doch ständig und überall in sämtlichen Öffis. Doch das habe ich schnell wieder aufgegeben. Einseitige Artikel, die Fremdenhass schüren und reißerische Berichterstattung inklusive Grammatik– und Rechtschreibfehlern — das ist wohl eine kurze und bündige Beschreibung dieser Zeitung.

Eine Gratiszeitung in Wien, welche es zu großem Erfolg geschafft hat ist die «Heute». Millionengewinne erwirtschaftet die Gründerin mittlerweile mit dieser tollen Idee. Die Zeitung ist kostenlos an fast jeder Ecke in Wien zu haben. Finanziert wird das ganze durch Werbungen. Klingt einfach — ist es auch.
Sobald man in der früh aufsteht und sich auf den Weg zur Uni, der Arbeit oder zur Schule macht muss man mit den Öffis fahren. Das war auch der Trick der Gründerin, die Zeitung den Menschen quasi vor die Füße zu legen. An jeder Ubahnstation in Wien ist ein kleines Ständchen, welche die Heute Zeitung beinhaltet. Wer mittags mit der Ubahn fährt, der darf sich nicht wundern, wenn keine Zeitungen mehr da sind.
Inhaltlich ist die Heute einfach geschrieben und hat so ziemlich für jeden etwas. Der Klatsch und Tratsch auf der ersten Seite, Politik, Sternzeichen, Rätsel und zu guter letzt die Sportnachrichten.

Für mich ist es auch so ein Wiener Mysterium, dass irgendwie alle immer Zeitung lesen und auch jede Zeitung die im Zug, Bus, U-​Bahn oder in der Straßenbahn liegen bleibt wird gleich weggeschnappt und für sich beansprucht. Die Heute trifft man da natürlich am häufigsten an, schließlich gibt es sie ja kostenlos an so ziemlich jeder Station zum Mitnehmen und dementsprechend viele Exemplare davon bleiben eben auf den Sitzen liegen.
Wenn ich dann mal eine in der Hand halte, dann entweder aus extremer Langeweile oder aus dem «Know your Foe”-Gedanken heraus, denn man sollte einfach nicht so naiv sein und ausblenden, dass wohl ein größerer Teil als man denkt das hier Geschriebene ohne zu filtern und zu hinterfragen aufnimmt.

Mein Universitätsprofessor hat einmal gesagt, dass wenn er einen Studenten mit einer Heutezeitung sieht, lässt er ihn deskripieren. Ok, wir sind angehende Journalisten, zumindest einige von uns, aber hallo?
Man kann über die Heute sagen was man will, aber ich verwette meinen Arsch darauf, dass der Standard Chefredakteur die Heute liest, aus einem ganz einfachen Grund. Es ist wichtig zu wissen was andere schreiben und denken.
Und deswegen gehöre ich auch zu den Heute-​Lesern. Man kann nicht festgefahren auf Qualitätsblätter sein und das ignorieren was die Mehrheit der Wiener täglich liest und glaubt.
Und sein wir uns mal ehrlich, die Heute hat mich schon sehr oft vorm Tod durch Langeweile gerettet ;-)
Also: Das Konzept ist super, wir Wiener verbringen unser halbes Leben beim Ubahnfahren, wieso dabei nicht unterhalten werden? Die frühere Ubahnzeitung «Ubahn Express» war ein totaler Reinfall (nicht so interessant, Leute hatten keinen Grund sie mit nachhause zu nehmen, zu hohe Reinigungskosten zu bezahlen, da sie in den Ubahnen liegen gelassen wurde), doch die neu aufgelebte Ubahnzeitung hat ein Kreuzworträtsel, ein Horoskop und eine TV-​Vorschau eingebaut und das Konzept geht auf. Dafür Hut ab, und wer hohe Qualität von einer Gratiszeitung erwartet ist selbst Schuld.

Wer einen falschen Eindruck der Stadt haben will, sollte sich am besten über die Heute-​Zeitung über Wien informieren. Die Artikel — wenn man sie so nennen mag — sind sehr einfach geschrieben und selbst bei dieser einfachen Schreibweise erkennt man noch genug Fehler. Ich will ganz und garnicht behaupten, dass meine Grammatik und Orthographie ohne Tadel sei, aber für eine ernst zu nehmende Redaktion gehört sich so etwas einfach nicht.
Wie mit journalistischer Sorgfalt umgegangen wird ist ohnehin ein Schlag ins Gesicht für interessierte Zeitungsleser. Ich war schon recht erstaunt, als ich an drei Tagen in Folge denselben Artikel gefunden habe bis ich schließlich registriert habe es ist Werbung — und nichts anderes, nicht einmal PR-​Arbeit. Werbefläche von redaktionellem Teil zu trennen scheint hier wohl noch nicht on vogue zu sein.
Ganz ehrlich: die Heute-​Zeitung ist nur für das Kreuzworträtsel in der U-​Bahn brauchbar, aber selbst das ist innerhalb von 4 Stationen fertig. Mittlerweile pfeife ich aufs Kreuzworträtsel und lass’ die Zeitung dort wo sie ist. Ich will ja nicht noch deren Auflage steigern.

Ich tu mir etwas schwer mit dem Heute-​Blattl. Einerseits finde ich die Idee von Gratiszeitungen sehr gut, weils auch jene Menschen erreicht, die sonst Nachrichten eher aus dem Weg gehen würden. Dass diese bei öffentlichen Verkehrsmitteln liegen, verstärkt Punkt eins natürlich noch, weil das garantiert, dass die Leute vor langeweile auch tatsächlich mal einen Blick reinwerfen.
Ich bin jetz sicherlich nicht der Typ, der schreckliche Angst davor hat, dass diese, meiner Meinung nach, plump geschriebenen Nachrichten, eins zu eins in die Meinung der Leserinnen übergehen. Soviel Medienkompetenz trau ich vielen zu, und die, bei denen nicht mal das funktioniert, da ist das heute-​Blatt sowieso das geringste Problem.
Was mein Problem ist, sind die Werte, die mir das Blatt vermittelt: Dumme Weibchen, die halt hübsch sind — Ausländer, die halt kriminell sind — Österreicher, die halt immer ausgenutzt werden — Andere, denen es halt immer besser geht.
Ganz schlimm finde ich auch die Rubrik «Willkommen in Österreich», in der sies irgendwie auf integrativ-​nett versuchen, und vorbildhafte Karrieren von Zuwanderern zeigen. Dass sie eben diese Karrieren damit zur Ausnahme einer Regel machen, find ich extrem bedenklich. Wenigstens haben sie mittlerweile das Logo der Rubrik geändert– davor wars ein Einfahrt-​Verboten-​Schild (in rot-​weiss-​rot natürlich) mit «Willkommen» in der Mitte. Total Absurd!
Unterhaltsam ist es aber schon, einen Blick reinzuwerfen, und zu beobachten, welche Welt die versuchen zu vermitteln. Sehr spannend. Aber wie Boulevard halt so ist, irgendwie kriechend gefährlich.

Die «Heute» ist der einzige Grund warum ich mir zeitweise wünsche ein Analphabet zu sein. Eine Gratistageszeitung die bei jeder U-​Bahnstation und ausgewählten Bimstationen aufliegt.
Jeder nimmt sie und die meisten lesen sie. Ich gehöre wirklich zu jener Sorte, die noch nie eine «Heute» mitgenommen haben. Dennoch kenne ich aber auch den Inhalt wie jeder andere. Denn wenn du mit den Wiener Öffis unterwegs bist, ist immer irgendwo eine liegengelassene «Heute» zu sehen. Somit weiß man immer welch hochintellektuellen Schlagzeilen wieder einmal gedruckt worden sind.
Der Inhalt bezieht sich auf 10 Seiten, wovon 2 davon mit Sexkontakten befüllt sind, die von außerordentlichen weltpolitischen aber doch zumeist lokalen Themen bestimmt werden. Aber wenn bedenkt wird, wie wenige Menschen Nachrichten lesen, so kann man zumindest sagen, wenn es die «Heute» nicht geben würde, wüssten viele Menschen nicht das Obama US-​Präsident ist.