Staudigl

Staudigl in der Wollzeile ist eine Drogerie und Reformhaus der luxuriösen Sorte. Vieles spricht für diese Bezeichnung: die noble Lage auf halbem Wege zwischen Parkring und Stephansplatz, die hellen Räumlichkeiten und die gediegene Einrichtung. Einiges spricht aber auch dagegen: Suppe und Salatbuffet sind jeden Mittag alles andere als luxurös, sondern eine günstige Alternative zu den Restaurants rundherum. Die Verkäuferinnen sind nett und alles andere als eingebildet. Es sei ihnen hoch angerechnet, dass sie auch verwirrte und faszinierte Menschen wie mich keineswegs drängen. Man kann etliche Runden drehen, alles erforschen oder sich einfach inspirieren lassen, ohne ständig gefragt zu werden, ob man Hilfe braucht.
Faszinierend ist die Anzahl der Produkte in höchstem Maße: alles, was ein durchschnittliches Reformhaus anbieten kann, hoch drei. Unzählige Trockenfüchte (und bunte Rübenchips!), Samen&Körner, Tees, Tofusorten (wo findet man bitte sonst Pesto-​Tofu, Kernöl-​Tofu, Chilli-​Tofu und so viele weitere aromatisierte Tofus auf einem Haufen?), natürliche Kosmetikprodukte, La Selva und Weleda Produkte. Fasznierend und verwirrend gleichzeitig. Manchmal kann man nicht umhin: man muss um Hilfe bitten, um diesen Bann zu brechen und zu einem ganz konkreten Einkauf zu kommen.
Staudigl schmeichelt den ernährungs– und gesundheitsbewussten Seelen wie kaum ein anderes Reformhaus in Wien. Die Stimmung ähnelt viel eher derjenigen eines Meinl am Graben als derjenigen eines richtigen Öko-​Ladens. Staudigl ist ja ein bisschen das Meinl unter den Reformhäusern, oder?

Das Reformhaus Staudigl zeigt, dass es auch anders geht. Es muss nicht ein kleines vollgestopftes Geschäft sein oder ganz versteckt, nur für Insider auffindbar. Man kann auch stolz auf die Ware sein, sie ansprechend präsentieren und den Kunden genug Platz geben, dass sie nicht gleich ein Regal beim Umdrehen umhauen, wie es mir in manchen Reformhäusern schon einiges Male fast passiert wäre.
Das sieht man eigentlich schon außen, viel Glas, helle Räume, helles Holz und darauf schön und einladend das Sortiment präsentiert. Da geht man auch gerne rein, auch wenn man keinen genauen Plan hat, was man eigentlich sucht. Denn, in einem Reformhaus finde ich mir sowieso immer etwas. Da geht es eher ums Gegenteil, dem «sich beherrschen und nicht zu viel einkaufen» Problem. Möglichkeiten gibt’s hier genug. Vollwertpasta oder verschiedenen Marmeladen und Honige. Auch von der Imkerei Wieser, wie ich entdecke habe. Die kann ich besonders empfehlen, denn die stehen jährlich auf meiner Christkindlmarkteinkaufsliste. Säfte, Nussmischungen, Apfelchips, Weleda Produkte und das ist erst der Anfang. Das Regal zu dem es mich magisch hinzieht sind die Tees. Da gibt es die verschiedensten Kräutertees von Sonnentor oder Yogi Tees, die besonders gut schmecken.
Wenn ich könnte würde ich hier eigentlich den Großteil meiner Nahrungsmittel kaufen. Eine schöné Einkaufsatmosphäre, freundliche Verkäuferinnen und eine Riesenauswahl. Geht nur leider nicht, weil Gesundheit ja bekanntlich kostet. Leider. Aber das macht nichts. Ab und zu muss schon was drinnen sein. Das schuld ich ja am ehesten mir selbst.

Nachdem die Mensa der nahegelegen Universität für zu lange Zeit ihr fixes temporäres Zwischenleben in einem Container vor der Uni spielte, und das Gericht des Tages hier, aus praktischen Gründen, jeden zweiten Tag, oh Überraschung, aus Falaffel mit Joghurtsauce und Fladenbrot bereitet wurde, schwärmte man aus in die Umgebung. Denn das macht die beste Verdauung nicht mit. Dabei war rauszufinden, daß das Reformhaus Staudigl, neben frischgepressten Säften, sehr köstlichen Brötchen und Salaten jeden Tag einen Pot Suppe im Angebot hatte. Großartig. Günstig. Mit einer Scheibe saftigem Vollkornbrot dazu. Und weil man schon mal da war, fand sich auch so allerlei anderes Neuartiges das mittlerweile Eingang ins täglich Leben und die Ernährung gefunden hat. Und das gute Brot da kauft man nach wie vor gerne.