Zacherlfabrik

Im Rahmen eines netten Winterspazierganges zum Zwecke Geocaches zu finden sind wir an diesem wunderschönen Gebäude vorbeigekommen. Wir wollten auch noch einen Blick in das Innere der Fabrik erspähen, doch leider war die Tür geschlossen. So betrachteten wir eine Weile das Gebäude von Außen und machten Fotos. Ich bin immer wieder verwundert, zu welchen schönen Plätzen man durch das Geocaching kommt. Außerdem war mir diese Gegend in Döbling noch nicht wirklich bekannt.
Wenn man mal Lust auf einen Spaziergang durch die Döblinger Gegend hat, sollte man unbedingt die Zacherlfabrik einplanen und einfach bestaunen.

Wir wollen noch einen Moment im industriellen Milieu des ausgehenden 19. Jahrhunderts verweilen. Denn einige Jahre zuvor, 1888 bis 1892 war es, da ließ der Industrielle Johann Zacherl am andern Ende der Stadt, in Döbling, ein Fabrikgebäude errichten. Das Geld dazu hatte er mit einem Insektenschutzmittel verdient. «Zacherl’s Insecten tödtende Tinktur» hieß das wohlfeile Pulver, das er tonnenweise herstellen und in Geschäftsstellen in Wien, Paris, London, Konstantinopel, Amsterdam, New York und Philadelphia an den Mann bringen ließ. Die Grundsubstanz bezog der vife Geschäftsmann aus Persien. Und so kam es wohl, dass er den dort gängigen Baustil schätzen und lieben lernte.
Warum nicht den Orient nach Wien holen, dachte er, und beauftragte Hugo von Wiedenfeld mit Planungsarbeiten zum neuen Fabriksgebäude. Karl Mayreder führte den Bau aus und schuf, umgeben von Jugendstilvillen, ein Meisterwerk des orientalisierenden Historismus. Im Wesentlichen zwei Bereiche unterschied man dabei. Den großen, hofseitigen Trakt, der Produktion, Logistik und Ähnliches beherbergte auf der einen, den Verwaltungstrakt mit Büroräumlichkeiten auf der anderen Seite. Wunderbar exotisch die bunten Keramikfliesen, die der islamischen Kunst entlehnte Fassadengestaltung, die zinnen-​, türmchen– und kuppelbekrönte Dachlandschaft. Ein Fremdkörper im noblen Wiener Außenbezirk. Ein wunderbares Kleinod der Architekturgeschichte, das heute Kunst– und Kulturschaffenden als Ausstellungsfläche zur Verfügung steht.
Kaum angekommen, ziehen wir schon wieder von dannen. Die Uhr tickt und das Leben ist kurz. Bedauerlich kurz. Wir wollen die Zeit also nutzen. Sie wird uns in guter Erinnerung bleiben, die schöné Zacherlfabrik. Als ein strahlender Glanzpunkt historistischer Baukunst in Wien. Der sechzehntstrahlendste, befindet unsere kleine Redaktion nach eingehender Beratung. Und gratuliert herzlich.
(Dieser Beitrag ist Teil der Serie «Wo in Wiens mit historistischen Bravourstücken überreich dekorierter Architekturlandschaft finde ich die gelungensten, eindrucksvollsten und überhaupt schönsten historistischen Profanbauten der Stadt?». Nähere Infos und Hintergründe unter
).