Erreicht man Kostrzyn über die ul. Graniczna stößt man an der Abbiegung der ul. Sikorskiego zwangsläufig erst einmal auf — Kommerz. An dieser Ecke nämlich hat sich angesiedelt, was landläufig unter dem Begriff«Polenmarkt» kursiert und vorrangig dem Zweck dient, sich mit preiswerten Zigaretten und in vielerlei Hinsicht billigen Konsumgütern einzudecken. Gegenüber dieser Ansammlung von Büdchen und Containern haben sich(neben Tankstellen und McDonalds) bereits eine Reihe kleinerer stationärer Läden in einer neuen Häuserzeile angesiedelt. Ihr einziger Nachteil: Sie verstellt die Sicht auf den wirklich spannenden Teil des Ortes: die Küstriner Altstadt. Umschlossen von wehrhaften Festungsmauern und –bastionen kann sie auf eine recht bewegte Vergangenheit zurückblicken, seit sie im 16. Jahrhundert ausgebaut wurde. Immerhin war u.a. Friedrich II dort inhaftiert, als man seinen Freund Katte(nach missglücktem gemeinsamen Fluchtversuch aus Preußen) hier enthauptete. An diese Episode erinnert heute eine — noch recht improvisiert wirkende — Informationstafel. Vor allem aber wurden Stadt und Festung in den letzten Monaten des zweiten Weltkrieges zu 90 Prozent zerstört. Davon kann man sich heute vor allem im nördlichen Teil der Altstadt ein Bild machen, deren freigelegte Straßenzüge lediglich von wenigen überwucherten Mauerresten gesäumt werden. Eindrucksvoll die Überreste der Pfarrkirche: Ein großes Holzkreuz unter freiem Himmel kündet vom ehemaligen Standort des Altars, wenige Mauerreste deuten die Umrisse des Gemäuers an. Ein Mahnmal gegen den Krieg ohne viel Brimborium, wie es auch die Dresdner Frauenkirche bis zu ihrem Wiederaufbau war. im südöstlichen Teil wurden mittlerweile einige Festungsanlagen inklusive ihrer Bastionen rekonstruiert — auch dies sehr eindrucksvoll. An einigen Stellen hat man(auch hier Parallelen zur Frauenkirche) originale Mauerstücke eingebaut, die durch ihre zahlreichen Schuss– und Witterungsspuren deutlich zu erkennen sind. Sogar einige der ehemaligen Kasematten hat man freigelegt; heute finden dort wohl Veranstaltungen statt. Ansonsten bilden die Mauern und der Fluss an ihrem Fuß ein wahrhaft imposantes Ensemble — und ein ruhiges obendrein, denn an Wochentagen verläuft sich kaum ein Mensch in diese Ecke. Genau dieses«Verlaufen» lohnt sich aber unbedingt, zumal Bänke zum Verweilen einladen und einen schönen Blick über die Oder ermöglichen.