Der Tagesspiegel

Wusstet ihr, das in dem Gebäude, in dem heute der Tagesspiegel logiert, Siemens gross wurde. Also laufen lernte. Und irgendwann zu gross und ausziehen musste?
Wusstet ihr, dass man die Räume für Events und Kongresse buchen kann, wie das etwa wikipedia tut? Und warum ausgerechnet wikipedia? Weil das tsp Gebäude am Askanischen Platz eine der wenigen locations in Berlin ist, die zuverlässig Wlan bieten können.
Wusstet ihr, dass der Tagesspiegel mit seinem werktäglichen Checkpoint-​Newsletter #berlintogo gerade für den Grimme Online Award 2015 nominiert wurde?
TSP? Immer wieder gern tatsächlich von mir gelesen. Online, offline und die Genussmagazine sowieso :-) Gratulation zu der steilen Entwicklung über die letzten Jahre, liebe Redaktion!

Eine deutsche Washington Post, also ein zentrales meinungsbildendes Leitmedium ist er nicht, der Tagesspiegel. Denn, um in der Diktion von Rudolf Augstein zu bleiben, sowohl die wichtigste (FAZ) als auch die beste (SZ) deutsche Tageszeitung kommen nicht aus der Hauptstadt, sondern anderen Städten.
Mag im internationalen Vergleich ein wenig außergewöhnlich sein, ist aber sicherlich eine Entwicklung, die auch mit der deutschen Teilung zusammenhängt.
Der Tagesspiegel hängt irgendwie ein Stück weit zwischen bundesweitem Medium (man bekommt ihn ja bundesweit recht gut) und lokalem/​regionalem Medium. Aber ich finde ihn gut. Er liest sich gut. Er informiert. Er hat zum Wochenende hin und am Wochenende seine Besonderheiten (etwa tolle Reportagen, aber auch eine Seite mit Nachrufen auf ganz gewöhnliche Verstorbene). Wenn ich in Berlin bin, pflege iich ihn regelmäßig zu lesen– und er hat mich in Berlin schon mehr als einmal auf Ideen gebracht bzw. mir Anregungen gegeben.
Das Preis-​Leistungs-​Verhältnis ist ohnehin sehr gut– und eine Tageszeitung, die an allen sieben Wochentagen zu erscheinen pflegt, ist mir als bekennender Leseratte und bekennendem Freund des Haptischen, der eine Zeitung einfach auch mal anfassen und umblättern will, ohnehin sympathisch.
Berlin, Du kannst Dich Deiner Zeitungslandschaft (auch wenn sie etwa an die 20er Jahre nicht wirklich herankommt) glücklich schätzen– und vor alem auch des Tagesspiegels.

Als ich nach Berlin kam, hatte ich einen Freund, dessen Vater hatte einen Zeitungskios. Später dann erfuhr ich, daß es nicht üblich ist, daß man in Berlin eine Zeitung abonniert. Nun da mein Vater aber eine Zeitung abonnierte und auch viele Leute in der Kleinstadt war das für mich ganz normal, daß auch ich eine Zeitung abonniere.
Am Bahnhof Zoo gab es aber einen Zeitungskios und der hatte das INFO der Berliner undogmatischen Gruppen, wahrscheinlich kennt niemand das INFO, aber vielleicht gibt es noch jemanden, der sich an diesen Kiosk erinnern kann.
Es gab dort am Anfang der Hardenbergstraße auch noch die Heinrich-​Heine-​Buchhandlung und die war so gut, richtig gut. Der Buchhändler wußte einfach alles und hatte auch alles, aber auch den gibt es nicht mehr.
Den Abend gab es auch noch als ich nach Berlin kam und das Spandauer Volksblatt alles vorbei.
Jetzt gibt es nur noch den Tagesspiegel und die Berliner Zeitung.
Und in der Rudi Dutschke Straße trinkt manchmal Friede Springer ihren Kaffee.
Bilder gibt es in jeder Zeitung, So auch im Tagesspiegel, also das Bild von dem ich jetzt reden will ist ja eigentlich eine Karrikatur, erschienen am Mittwoch, 31. Mai 2012 von Stuttmann
10 Punkte Plan
von Kristina Schröder
1. Das mit den Kitaplätzen wird nicht klappen, aber dafür gibt es ja das Betreuungsgeld!
2. Das mit den Kitaplätzen wird nicht klappen, aber dafür gibt es ja das Betreuungsgeld!
3. Das mit den Kitaplätzen wird nicht klappen, aber dafür gibt es ja das Betreuungsgeld!
4. Das mit den Kitaplätzen wird nicht klappen, aber dafür gibt es ja das Betreuungsgeld!
5. Das mit den Kitaplätzen wird nicht klappen, aber dafür gibt es ja das Betreuungsgeld!
6. Das mit den Kitaplätzen wird nicht klappen, aber dafür gibt es ja das Betreuungsgeld!
7. Das mit den Kitaplätzen wird nicht klappen, aber dafür gibt es ja das Betreuungsgeld!
8. Das mit den Kitaplätzen wird nicht klappen, aber dafür gibt es ja das Betreuungsgeld!
9. Das mit den Kitaplätzen wird nicht klappen, aber dafür gibt es ja das Betreuungsgeld!
10. Das mit den Kitaplätzen wird nicht klappen, aber dafür gibt es ja das Betreuungsgeld!
Wir Frauen wollen keine Herdprämie, kein Mutterkreuz und eben auch kein Betreuungsgeld, denn unsere Kinder haben wir lieb und wir verzichten auf Betreuungsgeld.
Wir wollen gute Kindergärten, Kindertagesstätten, gut ausgebildete Erzieherinnen, gute Schulen und nicht im letzten Bereich von Pisa landen, Frau Schröder!

Ich habe ein Jahresabo des Tagesspiegels zum ersten Semester an meiner neuen Uni geschenkt bekommen und so las ich ihn jeden Tag brav in der Bahn.
Eigentlich fand ich ihn recht gut aufgearbeitet, man bekam alles Wichtige mit und war innerhalb einer halben Stunde durch. Mehr Zeit habe ich eh nicht mich über das Weltgeschehen zu informieren.
Auch wie er aufgebaut ist finde ich gut, man findet sich eben zurecht — auf Anhieb und muss kein eingefleischter Tagesspiegelleser sein.
Das Einzige was ich zu bemanken habe, ist die Größe. Ich habe es wirklich gehasst in der Bahn immer diese riesen Blätter umschlagen zu müssen und ich glaube meine Nachbarn ebenfalls.
Daher bin ich jetzt auch zu einer anderen Tageszeitung übergelaufen. Ansonsten fand ich den Tagesspiegel aber nicht schlecht.

Die alte Tante Tagesspiegel kam im September 1945 unter Lizenz der Information Control Division der amerikanischen Militärregierung zur Welt. Als wichtigstes Organ des alten West-​Berlin ist man heute das drittstärkste Blatt einer Stadt, die sich nach ihrer eigenen Wiedervereinigung gewaltig verändert hat. Springers Mottenpost und die Berliner Zeitung führen die Charts an. Das verdrießt den Tagesspiegel, der weiterhin fast nur im Westen der Stadt gelesen wird. Da man den Osten der Stadt aber nicht erobern kann oder will, orientierte man sich irgendwann eher überregional als «Hauptstadtzeitung» in Konkurrenz zu FAZ und Süddeutsche.
So richtig funktioniert hat das nie und man hat das Blatt an sich auch zu schnell durch. Längere Stories statt News McNuggets, die man inzwischen auch aus dem Netz bekommt, gehen in Ordnung, aber trotzdem lese ich den Tagesspiegel höchstens Sonntags mal als ergänzende Lektüre und dann vor allem wegen den Sonntagsseiten.
Lokal, regional, überregional, global, aber irgendwie nie so richtig Fisch oder Fleisch.

Man kann ganz Berlin verstehen, wenn man seine Taxifahrer versteht. Der Berliner Taxisfahrer ist gewissermaßen das pars pro toto dieser Stadt. Am Berliner Taxifahrer kann man die Essenz des Berliners erkennen und in der Vielfalt der Berliner Taxifahrertypen kann man die ganze Vielfalt dieser Stadt wiederfinden.
Sie verstehen nicht, was ich mit der Essenz des Berliners meine?
Heute morgen. Knesebeckstraße, hinterm Savignyplatz. Ich liefere die Kinder in der Schule ab, wofür ich natürlich wie alle anderen — in der zweiten Reihe halte. Das Taxi hinter mir hupt, weil er den Gegenverkehr kurz durchlassen muss. In jeder anderen Stadt würde man das als eine Frechheit empfinden. Denn, niemand hat so ein unglaubliches, intuitives Talent, an den unmöglichsten Stellen zu halten wie Taxifahrer. Die Verkehrsbehinderungseffizienz von Taxifahrern ist schlicht unschlagbar. Es gibt irgendeine Regel unter Taxifahrern, dass man dort halten muss, wo gleichzeitig ein Müllauto steht, die Bäume zurückgeschnitten werden und die Straße wegen einer Gasrohrundichtigkeit aufgerissen ist (das ist in Berlin übrigens ein ziemlich normales Setting). Und jetzt stellen Sie sich vor, sie würden hupen, weil der Taxifahrer just an dieser Stelle anhält, um eine Oma mit Rollator und Krankenbeförderungsschein rauszulassen. Nein, stellen Sie es sich nicht vor. Stellen Sie sich lieber ein paar Szenen aus Natural Born Killers oder Die 120 Tage von Sodom vor.
Solche Situationen sind es, die den Berlinern den Ruf eintragen, rüde und rüpelhaft zu sein. Und sie zeigen gleichzeitig die ganze Ungerechtigkeit dieser Einschätzung. Es ist nämlich nur fair, die Oma mit dem Rollator vor ihrer Haustür abzusetzen und für die Müllabfuhr und den Baumschnitt kann weder sie noch der Taxifahrer etwas. Wer jetzt ein Spektakel veranstaltet, weil er zwei Minuten warten muss, ist entweder ein Idiot oder einfach zu spät losgefahren. Wer kein Spektakel macht, sondern einfach wartet und entspannt den Herren Wieprecht und Skuppin auf Radio Eins lauscht, wird sogar erleben, wie sich die Oma mit einem kleinen Lächeln für das Warten bedankt, während der Taxifahrer den Rollator aus dem Kofferraum holt. So wird aus der kleinen Belästigung eine fast poetische, anrührende Großstadtszene.
In Berlin gibt es knapp 7.000 Taxis und etwa genauso viele Tageszeitungen. Jede dieser Zeitungen passt zu einem Typus Taxifahrer. Wenn man das verstanden hat, hat man die ganze Stadt verstanden. Lassen wir einmal die große Gruppe der Taxifahrer außer Betracht, die Hürriyet oder Dziennik lesen, gibt es folgende Typen:
Der liberale Altphilologe aus Schöneberg mit Freiburger Migrationshintergrund, der am Wochenende auf dem Winterfeldplatz einkauft. Ich bin neulich mit so einem und zwei ausländischen Geschäftspartnern gefahren. Als ich merkte, dass er unserer englischsprachigen Konversation mit Leichtigkeit folgte, stiegen wir auf Französisch um. Er grinste und sagte in tadellosem Französisch, dass auf der Straße des 17. Juni Stau sei und er daher über die Budapester fahren würde. Ich bin sicher, dieser Taxifahrer liest Tagesspiegel.
Das Berliner Original mit Schiebermütze (Kantstraße). Wenn ihnen diese Reinkarnation Harald Juhnkes leibhaftig begegnet, freuen Sie sich. Sie haben ein aussterbendes Stück echtes Westberlin entdeckt. Genießen Sie den Redeschwall, mit dem er sie überschüttet. Er wüsste, in welchen Rotlichtclub in Grunewald sich früher Senatoren fahren ließen, aber er hätte keine Ahnung, welche Location in Mitte gerade angesagt ist. Es gibt nicht mehr viele dieser Originale. Er liest die B.Z. BILD wäre unter seinem Niveau und die Morgenpost, ebenfalls aus dem Hause Axel Springer und im Überregionalen praktisch die WELT, ist ihm zu dicke. Sein ebenfalls sehenswertes östliches Äquivalent wartet in Lichtenberg oder Köpenick, fuhr früher ein Lada-​Taxi, weiß noch, wo die Kreuzung Leninalle/​Dimitroffstraße ist und würde niemals B.Z. oder Bild lesen. Er schimpft manchmal noch auf die neuen Zeiten und liest den Kurier. Ihm wäre die Berliner Zeitung zu dicke. Die wird im Osten auch von ein paar Taxifahrern gelesen, das wäre dann aber eher das Äquivalent zu dem Schöneberger Tagesspiegel-​Leser. Manche Taxifahrer im Osten lesen auch ND, also Neues Deutschland. Fragt man diese Taxifahrer, was er früher gemacht hat, antwortet er Irjendwat inne Verwaltung. Manchmal klingt das auch ein bisschen sächselnd und wir nicken wissend.
Manchmal erwischen Sie vielleicht am Schlesischen Bahnhof einen Taxifahrer mit Lederjacke und Ohrring, der Radio Multikulti hört und für ein selbstverwaltetes Taxikollektiv fährt. Er ist eine herrlich sympathische Nebenfigur aus Herr Lehmann und liest sicher die taz.
Dem Taxifahrer heute Morgen in der Knesebeckstraße habe ich übrigens fröhlich zurückgehupt. Er wird sich, leise grummelnd, gesagt haben: Hat er auch wieder recht und die Sache hat sich erledigt. Vielleicht hat er auch Idiot gesagt. Aber er wird es nicht so gemeint haben.

Da ginge schon etwas mehr. Eine wirklich führende Hauptstadtzeitung ist dies nicht. Nach wie vor wird in Deutschland politische Meinung nicht in Berlin gebildet, sondern in Franfurt bei der FAZ oder in Hamburg bei Zeit oder Spiegel. Hier in Berlin will man sich die wirklich führenden Köpfe der Branche eher nicht leisten. Und so fallen die Reporter des Tagesspiegels in der Regel nicht durch analytische Schärfe sondern durch schlechte Kleidung auf, wenn sie in der Stadt recherchieren.
Aber vielleicht entspricht dieses Konzept ja genau der Zielgruppe, die hier angesprochen wird. Denn diese, das konservativ-​liberale Bürgertum von Westberlin, interressiert die Bundespolitik nur am Rande. Wie in Berlin üblich blickt man nur selten über den eigenen Kiez hinaus, und schon die ehemalige Grenze zum Osten ist der Schritt in eine andere Welt. Und vielleicht ist deshalb der Tagesspiegel auch gescheitert, als er in den 90er Jahren mehr werden wollte als nur eine regionale Tageszeitung. Selbst in der eigenen Stadt wird er jenseits von Mitte nur bedingt gelesen.
Für mich ist der Tagesspiegel, der heute Ausgabe Nummer 20.000 feiert, eher eine Ergänzung zur Zeit und zu anderen Medien, aus denen ich mehr über die Welt erfahre, in der ich mich bewege. Dennoch: Regional scheint er mir schwer zu schlagen zu sein. Er ist auch etwas neutraler als die Blätter aus dem Hause Springer, die den Markt in Berlin sonst kontrollieren. Auf der anderen Seite würde ich mir wünschen, dass irgendeine Publikation in dieser Stadt liberale Grundwerte jenseits des Gutmenschentums einmal etwas deutlicher vertreten würde. Früher hatte diese Rolle der Tagesspiegel, aber auch das scheint mir eher zur Vergangenheit zu gehören.

Umgezogen, weg vom Stammquartier… Erfrischt wurde der doch einst recht betuliche Tagesspiegel durch Giovanni di Lorenzo und andere begnadete Zeitungsmacher. Er wurde von seiner Rolle erlöst, dass Zentralorgan des beamteten Mittelstandes und von «Gross-​West-​Berlin» zu sein.
Seine geschätzte Leserschaft spiegelt jedoch noch immer zum Teil den Begriff des «Bürgerlichen» im alten guten Wilmersdorf… und Grunewald — was ja nun doch keine Schande ist und den Werbekunden auch zuweilen gefällt…
Jedoch, wer kann sich seine Leser schon aussuchen??? Und seit der Tagesspiegel unter entspanntem neuen Management segelt und nicht mehr die «FAZ» überholen will, ist er wieder ein unverzichtbare und stets seriöse Begleitung jeden gepflegten Frühstückstisches…
Die bemühte Autoseite muss weitgehend ohne Inserate auskommen. Der wunderbare Autonarr und langjährige Alleinunterhalter der PS — Freunde (Ingo v. Dahlern) im gemütlichen Tagesspiegel wurde offenbar abgelöst… Die beliebte Gastrokritik– Rubrik von «Tisch zu Tisch» ist stets recht amüsant und pointiert und die lebenskluge, mildere, menschenfreundliche Elisabeth Binder versöhnt häufig Leser bzw. Gäste und Gastronomen mit guten Tipps und warmen Worten.
Toll sind neuerdings die herrlich chaotisch breit gefächerten Auktionen und das verstärkte Wein und KrimsKrams-​Merchandising des Tagesspiegels sowie der zunehmend bessere Internetauftritt. Hier schlummert noch viel Nachholebedarf und vielleicht mache Kooperationschance mit QYPE ??
Ganz lustig und neu ist die Rubrik «Sensation» im Onlineauftritt der alten «Tante Tagesspiegel». Hier können Schreibwillige (z.B. Qyper?) eigene Texte innerhalb von maximal 5 Minuten kreeiren, diedann zu einer virtuellen Spasszeitung zusammengefügt werden, die sich ständig durch Publikumsvoten verändert.