Düsseldorfer Karneval

Tolles Wetter — toller Rosensonntagszoch — viele fröhliche Menschen!

«Karneval ist viel mehr als Saufen in bunten Klamotten,
das ist kulturelle Heimat.»
René Sion, die diesjährige Jungfrau im Kölner Dreigestirn
und Geschäftsführer des Sion Brauhauses in Köln.
Karneval, Fasnacht, Fasnet, Fasteler, oder auch einfach nur
die fünfte Jahreszeit, beinhaltet im katholischen Christentum
die unterschiedlichen regionalen Bräuche, mit denen vor der
sechswöchigen Fastenzeit noch einmal ausgelassen gefeiert
wird.
Schon im Altertum gab es eine Form des Karnevals. Im
antiken Rom wurde das Fest der Saturnalien gefeiert,
zwischen dem 19. und 21. Dezember, nach unserer heutigen
Zeitrechnung. An diesen Tagen waren Herren und Sklaven,
Herrscher und Beherrschte, Mächtige und Niedrige gleichgestellt.
Sklaven und Herren saßen bei den Gelagen gemeinsam am
Tisch, und die Sklaven durften die Herren mit den schlimmsten
Injurien traktieren.
Vom Mittelalter bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts wurden
Karneval und Narrenfeste gefeiert, zwischendurch immer wieder
von der Obrigkeit verboten, die sich selbstverständlich nicht
gerne schmähen und verspotten ließ. Erst seit dem ersten
Drittel des 19. Jahrhunderts wurde der Karneval zu einer
festen Institution.
In Düsseldorf beginnt der Karneval am 11.11. um 11:11 Uhr,
wenn der «Hoppeditz», der Düsseldorfer Erzschelm, dem man
inzwischen sogar ein Denkmal gesetzt hat, erwacht und
aufersteht. Auf dem Marktplatz, vor dem Rathaus, steigt er
aus einem Senftopf. Dann hält er eine (satirische) Rede und
fordert den Oberbürgermeister zu einem närrischen Wortgefecht
heraus. Die Session (in diesem Jahr unter dem Motto: Düsseldorf–
scharf wie Mostert) endet am Aschermittwoch, wenn unter Heulen
und Wehklagen der Hoppeditz verbrannt wird. Aber nur, um im
nächsten Jahr wieder aufzuerstehen und aus seinem Senftopf
zu steigen.
Dazwischen liegen drei Monate karnevalistischer Aktivitäten.
Die heiße Phase des Karnevals beginnt am Donnerstag vor
dem Rosenmontag, mit der Altweiberfastnacht. Um 11:11 Uhr
stürmen die «Möhnen», die «alten» Frauen, das Rathaus, nehmen
den Oberbürgermeister gefangen, übernehmen das Regiment
und besetzen den Wochenmarkt am Carlsplatz, in der Altstadt.
Das ist der eigentliche Beginn des Straßenkarneval.
Am Karnevalssonntag treffen sich die «Jecken» auf der Kö, der
Königsallee. Außerdem finden hier am Sonntag die sogenannten
Veedelszög, die Umzüge der jeweiligen Stadtviertel statt.
Mal ganz anders. Nicht Umsatz und Profit, sondern närrisches
Treiben beherrscht diese Konsummeile.
Am darauffolgenden Rosenmontag heißt es dann: «D‘r Zog kütt!»
Der Rosenmontagsszug, der in diesem Jahr leider wegen der
Sturmwarnungen ausfiel. Die Motivwagen konnten aber auf dem
Marktplatz, vor dem Rathaus besichtigt werden. Außerdem wird
der Rosenmontagszug am 13. März nachgeholt.
Der Düsseldorfer Karneval ist, und das ist nicht nur meine
persönliche Meinung, wesentlich politischer als der Kölner
oder Mainzer Karneval. Die Motivwagen waren auch in
dieser Session wieder Satire pur, und für Fundamentalisten
jedweder Couleur die reine Provokation. Der Wagenmeister
Jacques Tilly hatte wieder hervorragende Arbeit geleistet.
Schon daran zu erkennen, dass Jaroslaw Kaczyński, der
Vorsitzende der polnischen PiS-​Partei, aber auch der türkische
Präsident Erdogan offiziell Protest einlegten.
Aber heute ist Aschermittwoch. Und wie heißt es: Am
Aschermittwoch ist alles vorbei. Mit Petersiliensträußen,
mit Geheule und Wehklagen wurde Abschied vom
Hoppeditz genommen. Aber wie bereits gesagt, nur bis
zum nächsten Jahr.
Bis dahin immer daran denken: «Et hett noch immer jotjejange.»
Und darum: «Lommer jon.»

Wie jedes Jahr hat mir der Karneval wieder viel Spaß gemacht.
Leider war mein Outside Kostüm diesmal nicht so üppig, da es mir
einfach zu kalt war.
Das hat aber kaum einen Jecken davon abgehalten sich in ihr
Kostüm zu werfen.
Überall ein buntes Treiben.
Ob auf dem Marktplatz oder auf der Kö.
Besonders erfreuen mich die ganz jungen Pänz. So zwischen
1 und 2 Jahren. Verkleidet und angemalt liegen sie im Kinderwagen
oder auf Papa’s Arm oder Schulter.
Da brauchen wir uns um Nachwuchs keine Sorgen machen.
Sehr gut gefallen hat mir auch in diesem Jahr das Riesenrad am
Corneliuspatz.
Jetzt muss heute — Rosenmontag — nur noch der Sturm ausbleiben,
damit der Zug fahren kann !
Düsseldorf Helau.
PS: der Zug ist gerade abgesagt worden. Die Wagen von Tilly können
aber angesehen werden!

Das erste Mal, dass ich den Düsseldorfer Karneval miterlebt habe, war mit 4 Jahren. Damals haben mich meine Eltern in ein Indianerkostüm gesteckt (sorry, politisch korrekt müsste das wohl Kostüm eines amerikanischen Ur-​Einwohners heißen, aber das klingt komisch…) und zum Rosenmontagszug mitgenommen. Dort wurde ich dann u.a. mit Asterix und Obelix fotografiert und habe mir in ganz großem Stil den Magen verdorben mit viel zu vielen Kamellen.
Wer zur Karnevalszeit in Düsseldorf ist und gerne mal dabei sein möchte, wenn närrische Frauen und Männer sich feiernd in den Armen liegen, braucht nur einfach vor die Tür zu gehen, schließlich ist Düsseldorf neben Köln und Mainz eine der Karnevalshochburgen im Rheinland. Zur 5. Jahreszeit ist in Düsseldorf wirklich überall was los, am meisten natürlich in der Innenstadt beim Zug und danach in den Kneipen in der Altstadt. Den Zug habe ich immer gern geschaut, weil da aktuelle politische Themen auf eine humorige Weise verarbeitet werden.
2012 ist Rosenmontag am 20.02.

Ich bin dem Düsseldorfer Karneval zwar nicht komplett abgeneigt, aber mein Fall ist es nicht wirklich. Da ich hier aus Düsseldorf komme bin ich mit dem Zug und dem bunten Treiben Drumherum groß geworden. Vielleicht liegt es daran, dass mich das alles nicht mehr so mitreißt. Im Vergleich zum Straßenkarneval gehe selber viel lieber zu Sitzungen und hab dort meinen Spaß anstatt mich mitten im Winter auf den Straßen mit Betrunkenen und Halbwüchsigen Herumzuschlagen. Was den Vergleich des Düsseldorfer Karnevals mit dem Kölner angeht hab ich schon viele verschiedene Meinungen gehört. Was aber stimmt, ist dass zum 11.11 in Köln viel mehr los ist als in Düsseldorf, da ich das selber auch einige Male miterlebt habe. Die besten Stehplätze am Rosenmontag sind für mich immer noch die Friedrichstraße und die Königsallee, da ich dort am häufigsten bisher war und die meisten Süßigkeiten abbekommen habe. Auch als nicht Karnevalsfan muss ich dem Düsseldorfer die fünf Sternchen geben. Dat is doch klar!

Helau Helau. Immer wieder einen Besuch wertdoch man sollte schon auf Menschenmassen und Kamelle-​Attacken stehen

Dr Zoch kött. Genau genommen fängt diese Geschichte mit einer Erinnerung an, mit einer jungen Japanerin, die mir vor vielen Jahren in einem Fahrstuhl begegnete. Nennen wir sie Tamayo. Es war Alt Weiber und ich trug eine fahlgelbe Seidenkrawatte mit dunkelblauen Punkten. Sie trug ein kleines dunkelblaues Kostüm; was aber viel bedrohlicher war, sie hatte eine Schere. Mit weit aufgerissenen Augen und einem kaum verständlichen Hellau stürzte sie sich in der Enge des Aufzugs auf mich und entmannte mich. Nichts anderes ist ja das Abschneiden von Krawatten der Möhnen. An diesem glücklichen Tag begriff ich, dass Japaner unsere europäische Tradition und Kultur ungemein mögen. Ja, ihr geradezu fanatisch frönen. Nichts geht für sie über Karneval, nicht mal der Yen. Nach dem aktuellen Nikkei-​Index schon gar nicht.
Ihr zu Ehren begleiten wir Tamayo nun durch den diesjährigen Rosenmontag und sehen die rheinische Welt aus andern Augen, aus japanischen. Ich versuche es zumindest, obwohl ich kein Japaner und schon gar keine Frau bin. Garantiert. Irgendwo hat Tamayo gehört, dass man an Rosenmontag früh in der Stadt, an der Zugstrecke sein muss. Und so macht sie sich schon gegen Zehn auf zum Grabbeplatz, dem Ort, wo sonst die Bildende Kunst Triumphe feiert. In der Kunstsammlung Nordrhein-​Westfahlen und der Kunsthalle Düsseldorf. Da steht die fabelhafte Schlösser-​Tribüné, nach der Bierbrauerei genannt, und der Ort kann also nicht falsch sein. Währenddem die Düsseldorfer Jongens schon ordentlich Gerste tanken, schlürft Tamayo ihr Miso-​Süppchen aus dem Warmhaltebecher. Das hält bei Laune. Vor allem die Hände mit den Fingerhandschuhen. Es ist verdammt kalt und regnerisch an diesem rheinischen Morgen. Drink doch ene met, stell dich nit esu ann, plärrt der Trichter am Laternenmast. Stimmung, denkt Tamayo und schunkelt ein wenig. Nur ein wenig, verhalten, wie es ihre Art ist. Großartig ist er, der Rheinische Karneval.
Pünktlich um 12:35 Uhr, dies Jahr etwas früher, beginnt der Zug an der Fritz-​Roeber-​Straße. Die Heinrich-​Heine-​Alle, und damit Tamayos Schlösser-​Tribüné, ist schnell erreicht. Nun entlädt sich die geballte Wucht rheinischer Fröhlichkeit aus vermutlich siebzig vorbeiziehenden Gruppen, den Garden, Zünften und Einzelkämpfern. Stattliche Reitertrosse ziehen vorbei und hinterlassen prächtige Dunghaufen. Die könnten so manchen Rosengärtner in Golzheim erfreuen. Ob es wohl deshalb Rosenmontag heißt?, denkt sich Tamayo. Fantasievoll dekorierte Wagen zeigen die Flanken. Gekrönt von albernen Prinzen und Funkemariechen. Der Geruch des Körperpuders durchzieht ganz sachte die Winterluft. Stramm gereihte Gruppen von Fanfarenkorps marschieren im Gleichschritt. Der Blick des Kleinen außen rechts ist tot; die vielen Sitzungen der Karnevalswochen hinterlassen Spuren. Unbeirrbar fröhliche Bollerwagenclowns machen ein Späßchen links und rechts. Hellau, schreit Tamayo aus voller, aber mit schmächtiger Brust. Eifrig wie ein Kind sammelt sie Kamellen vom Boden auf, denn auch das gehört dazu. Nur als sie ein Vollgummiball mit voller Wucht am Kinn trifft, wünscht sie sich doch etwas in ihre fernöstliche Kultur zurück. Teezeremonien sind sanfter.
Irgendwann mal ist der Spuk vorbei und die Toten Hosen hat Tamayo nicht gesehen, die, die sich 1998 dem Rosenmontagszug illegal anschlossen und den Berufskarnevalisten den Super-​GAU bescherten. Hip Hop Bommi Bop. Die einzig Klaren in der wüsten Altbierwelt. Statt der Hosen kommt dies Jahr der Reinigungswagen von der AWISTA und macht alles wieder blank. Schon wieder etwas von abendländischer Kultur erlebt und abgehakt, freut sich Tamayo. Auf dem Weg in ihr Oberkasseler Appartement kommt sie noch an einer Kneipe vorbei. Da ist der Rosenmontag noch lange nicht zu Ende. Die Scheiben sind hefemäßig beschlagen und ein wilder Kater wie ein Leopard gemustert tanzt auf der Fensterbank. Sind rheinische Männer an Rosenmontag anders?, fragt sich Tamayo. Die Aufklärung dieser Frage erspart sie sich. Mer kann och alles öwerdriewe, wie das diesjährige Motto des Zuges so schön sagt.