Kirche St. Nicolai

Eckernförde verfügt über zwei evangelische Kirchengemeinden– die Kirchengemeinde in Borby und St. Nicolai in Eckernförde selbst.
Fangen wir vielleicht mal mit dem Gewöhnlichen an: Es ist alles andere als außergewöhnlich, an der See eine Nicolaikirche vorzufinden. Schließlich ist Nikolaus nicht nur der Schutzpatron der Kaufleute, sondern auch der Fischer. Ebenso ist eine Backsteinkirche im Norden ganz normal– eine Sandsteinkirche wäre hier sensationell.
Gleichwohl: St. Nicolai in Eckernförde ist ein Highlight. Nicht nur, weil die Kirche eines der Wahrzeichen der Stadt und auch vom Wasser aus zu sehen ist. Und auch nicht nur, weil sie den Kirchplatz rockt. Nein, St. Nicolai ist vor allem mit der Innenausstattung eine Perle.
Die Anfänge der Kirche liegen in einer einfachen romanischen Kaufmannskirche aus der Romanik, die vermutlich eine Fläche von ca. 10 mal 20 Meter hatte. Der Chorraum, der wie ein Anbau an der Kirche wirkt, ist ein heute noch vorhandener Rest dieses ursprünglichen Kirchenbaus .
Vor allem das 14. bis 16. Jahrhundert brachten dann erhebliche Veränderungen und St. Nicolai das Erscheinungsbild, wie es heute noch vorzufinden ist: Im 14. Jahrhundert bekam die zwischenzeitlich Pfarrkirche gewordene Kirche ihren ersten Kirchturm im Westen als Kombination eines meterhohen Granitsteinfundaments und einer darauf gebauten Holzkonstruktion. Zudem wurde im Süden des Altarraums ein kleiner Ziegelanbau erstellt, dessen östlicher Teil heute noch vorhanden ist. Um das Jahr 1490 wurde die Holzturmkonstruktion durch einen auf dem vorhandenen Granitsteinfundament errichteten Backsteinkirchturm mit vierkantiger Dachspitze ersetzt.
Die bedeutsamsten Veränderungen erfolgten im 16. Jahrhundert: Aus der einschiffigen romanischen Kirche wurde endgültig ein dreischiffiger (sehr) spätgotischer Kirchenhallenbau. Im Rahmen dieser Gesamtbaumaßnahme von 1521 – 1530 wurde die Kirche in ihrer Gesamtbreite in etwa verdoppelt, nach dem Bau der neuen Außenmauern die bisherigen Nord– und Südmauern innerhalb der Halle abgetragen und durch vier Säulen, die sechs gedrückte Spitzbögen tragen, ersetzt und die westliche Hälfte des Anbaus aus dem frühen 14. Jahrhundert abgetragen. Es spricht einiges dafür, dass damit noch nicht alle geplanten Maßnahmen erledigt waren– aber es war ja so etwas wie die Reformation erfolgt. Und der Protestantismus hat es vor allem damals weniger protzig gewollt.
Der Backsteinkirchturm wurde 1612 stark beschädigt, daraufhin wurde 1619 das Kirchdach — unter Abtragung der Reste des alten Turmdaches — über den Turm gezogen, so dass St. Nicolai quasi über einen «Turm in der Kirche» verfügt. Als Ersatz wurde ein Dachreiter aufgesetzt.
Genug der Baugeschichte. Man betritt die Kirche während ihrer leider beschränkten Öffungszeiten (am Freitag geschlossen, sonst mit Mittagspause…) von Süden her.
Geht man Richtung Osten, sieht man bereits die ersten prächtigen Epitaphien.
Der Chorraum selbst findet sich im ältesten erhaltenen Teil der Kirche– und er zeigt eine Besonderheit. Der barocke Altaraufsatz von Hans Gudewerdt d.J. gehört zu den bedeutendsten Altären Norddeutschlands und Nordeuropas. Besonderheit dieses Meisterwerks, sicherlich auch aufgrund seiner Entstehung während des Dreißigährigen Krieges: Christus wird nicht bereits tot am Kreuz, sondern noch lebend, das Leiden erblickend, aber dennoch nach vorne schauend, dargestellt. Große Symbolsprache!
Auch die Kanzel (deren Deckel aus dem 19. Jahrhundert stammt) beeindruckt mit den Holzschnitzereien von Hans Gudewerdt d.Ä.
Ein Votivschiff «David» aus dem 19. Jahrhundert (wieder Symbolik pur– schließlich wurde der David Schleswig und Holstein vom Goliath Dänemark regiert…) hängt im Kirchenschiff.
Eine beeindruckende Heßler-​Orgel von 1762 (mehrfach verändert und repariert, heute mit 7sieben Registern und knapp 2500 Pfeifen auf drei Manualen und Pedal) imponiert.
Unterhalb der Orgel das prächtige Rantzau-​Gestühl von 1578.
Im Westen der Kirche einstige Gruftanlagen– aber nur noch in einer sollen Särge sein. Kein Wunder, schließlich wurde St. Nicolai bis ins 19. Jahrhundert hinein auch als Begräbnisstätte benutzt. Unter anderem soll hier auch der legendäre Graf von St. Germaine, der bis in die Gegenwart hinein immer wieder in der Literatur aufgetaucht ist, seine letzte Ruhe gefunden haben. Doch die Sturmflut von 1872 vernichtete leider so manches.
Man könnte vermutlich ganze Romane über St. Nicolai schreiben– denn diese Kirche ist zwar nicht die größte in Schleswig-​Holstein, aber vermutlich eine der sehenswerteren.
Und mich ärgert es wirklich, dass ich zu meiner Zeit als Gemeindeglied dieser Kirchengemeinde diese nie zum Besuch eines Gottesdienstes aufgesucht hatte. Leider war ich definitiv nur zahlendes Mitglied, aber kein Nutzer gewesen. Denn wie mag hier ein Gottesdienst oder ein Orgelkonzert wirken? a