Betriebsbahnhof Währinger Gürtel

Meiner Meinung nach hat Wien ja viel zu wenige alte Backsteingebäude — gut, dass es hier eines gibt!
Ich finde die Halle von draußen wirklich schön, von der U6 ist sie auch ein bisschen zu sehen, aber erst wenn man zu Fuß unterwegs ist, kann man sich alle Details ansehen.

Wo die kleinen Straßenbahnen schlafen gehen…
In dem hübschen Backsteingebäude beim Währinger Gürtel kommen nachts die berühmten roten Wiener Straßenbahnen zur Ruhe und werden wieder hergerichtet für den nächsten Tag. Eigentlich eine tolle Idee für ein Kinderbuch, oder?
Ich finde den Anblick irgendwie immer tröstlich wenn ich so dran vorbeilaufe. Ein wenig Kind steckt wohl doch noch in allen von uns.
Irgendwie ist das auch so typisch Wien, das selbst solche funktionellen Gebäude noch wahnsinnig schön aussehen. Auch ein Grund, warum ich diese Stadt so liebe.

Es war einmal eine rote Straßenbahn. Die wollte die Stadt sehen, alle Ecken erkunden, wie all ihre Freunde und Verwandten, sich einfach die Schienen entlang ziehen lassen.
Also streckte sie ihre Fühler aus und fuhr. Fuhr über das Gersthofer Platzl, fuhr nach Pötzleinsdorf, drehte dort wieder um und fuhr weiter in die entgegengesetzte Richtung, die Gersthofer Straße entlang, die Gentzgasse, die Währinger Straße und kam schließlich beim Schottentor an, wo es nach einer Ehrenrunde wieder retour ging
Auf und ab, immer wieder fuhr sie diese Strecke, traf Menschen, die sich über sie freuten, Menschen, die ihr eher grimmig gegenübertraten, Menschen, die sie mit Flüchen belegten und Autos, die ihr neidisch hinterher blickten weil sie wieder einmal im Stau steckten.
Tapfer trotzte sie jedem Wetter und blieb in Bewegung, half den Menschen, wo sie nur konnte.
Und weil auch die fleißigste Straßenbahn einmal schlafen muss, freute sie sich nach jedem weiteren ereignisreichen aber auch anstrengenden Tag schließlich doch auf ihr Bettchen und zweigte bei ihrer letzten Fahrt des Tages stets bei der Volksoper ab, fuhr die baumbepflanzte Allee entlang zum Schlafplatz, der sich hinter dem Währinger Park befand. In einem Backsteingebäude, das die Menschen liebevoll «Remise» nannten.
Dort genossen sie und ihre Freunde schließlich die wohlverdiente Ruhe und rüsteten sich für die Anstrengungen des nächsten Tages. Gegen 5 Uhr in der Früh ging es schließlich wieder raus, raus in ein neues Abenteuer im Wiener Stadtverkehr mit vielen Begegnungen und neuen Erlebnissen. Erlebnissen, die jedes Straßenbahnleben prägen.