Palais Epstein

Ganz nette Veranstaltungsöokalität. Im Internet mit Renner Ring Nr 3 angegeben. Die findet man zwar nicht, aber einfach bei Nr. 1 reingehen, dann passt es.

Wir beschließen unseren Rundgang durch Wiens schönste Residenzen, Schlösser und Palais standesgemäß an der Ringstraße. Wie jede Platzierung ist auch der letzte Rang in unserer handverlesenen Liste eine Auszeichnung höchster Güte. Ein Blick auf die stolzen Bewerber und ihre Siegerurkunden zeigt es. Zwei Umstände waren es, die unsere kleine Redaktion dem hiesigen Anwärter den Vorzug geben und alle anderen Kandidaten unerwähnt bleiben ließen. Zum einen zählt das Palais Epstein nicht nur zu den bedeutendsten und in seiner Anlage sicher schönsten Bauten seiner Art in Wien, nein, nach vorbildlicher Restaurierung ist es auch einer der besterhaltenen. Zum anderen sind auch seine Innenräume im Zuge von Parlamentsführungen zugänglich. Ein nicht unwesentlicher Tatbestand, soviel ist gewiss.
Doch kommen wir zum Palais selbst. Ein historistisches Schmuckstück ist es. Natürlich, wie sollte es anders sein, stehen wir doch an der Ringstraße. Ein Neurenaissancebau, auch das lässt sich ohne Umschweife feststellen. Ein reicher Banker gab ihn in Auftrag, Gustav Ritter von Epstein mit Namen. Theophil Hansen lieferte die Entwürfe, der junge Otto Wagner leitete die Bauausführung. 1871 waren die Arbeiten beendet. Geschäfts– und Wohnadresse sollte das Palais sein, beides zur gleichen Zeit. Erstere sinniger Weise im Erdgeschoss. Letztere, über die ausnehmend hübsche Prunkstiege zu erreichen, in der darüber liegenden Beletage. Arbeitszimmer, Bibliothek, Kinderzimmer, Wohnräume. Alles reich verziert, alles zu großen Teilen im ursprünglichen Zustand erhalten. Wunderbar die Dekoration des Spielzimmers, eine detailgetreue Wiedergabe der Kirche Santa Maria dei Miracoli in Venedig. Und im Wintergarten eine Kopie des Frieses «Triumphzug Alexanders des Großen in Babylon» von Bertel Thorwaldsen. Beeindruckend.
Erst recht aber das damals wie heute unbestrittene Prunkstück der Anlage, der große Festsaal. Mit speziellen Schiebemechanismen konnte der von Christian Griepenkerl freskierte Raum in alle Richtungen vergrößert werden. Die verräterischen Türklinken, von Hansen selbst entworfen, verbarg man, listig wie man war, hinter kleinen Verschlüssen. Das Bildprogramm des Saals feiert den Sieg des finanzmächtigen Großbürgertums über Adels– und Fürstenherrschaft. Zu traurig, dass dem Wiener Börsenkrach zwei Jahre nach Fertigstellung ein erster Besitzerwechsel folgte. Eine englische Gesellschaft fühlte sich nun als Sieger, bis das Haus 1902 in Staatseigentum überging. Da blieb es dann. Und dient heute als Nebengebäude des Parlaments und, an sitzungsfreien Tagen, als Museum.
Viel gäbe es noch zu berichten und doch. Wir verlassen diesen schönen Ort, denn die Zeit drängt. Das Palais Epstein zählt zu den bedeutendsten Profanbauten der Neuzeit in Wien, soviel ist gewiss. In unserer vielbeachteten Liste der schönsten Residenzen, Schlösser und Palais weisen wir ihm nach reiflicher Überlegung den hartumkämpften und doch hochverdienten zwanzigsten Platz zu. Wir gratulieren herzlich.
(Dieser Beitrag ist Teil der Serie «Wo finde ich die prunkvollsten, bezauberndsten und überhaupt bedeutendsten Residenzen, Schlösser und Palais Wiens?». Nähere Infos und Hintergründe unter
).