Nussdorf

Wien hat viele Gesichter, so viel ist schon klar geworden. Wien ist für mich keine Großstadt in dem Sinne, für mich setzt sie sich eher aus ganz vielen kleinen Winkeln zusammen. Vielen verschiedenen Aspekten und Gesichtern, die erst nach und nach zum Vorschein kommen, die Stück für Stück die Bindung zur Stadt immer enger ziehen, bis sie einen einfach nicht mehr loslässt.
Einer dieser Orte ist Nussdorf. Ein Ort für sich, ein absoluter Gegensatz zu Mariahilf oder Meidling, zur Inneren Stadt oder zu Simmering. Eher fühlt man sich hier irgendwo in einem kleinen Dorf im Wald– oder Weinviertel. Wäre da nicht die verräterische Straßenbahnlinie D, die einem immer wieder daran erinnert, dass man doch noch immer in Wien ist.
Das kleine verwinkelte Zentrum von Nussdorf hat mich letztendlich restlos überzeugt und mich zu einem absoluten Wien Fan gemacht. Meistens verbinden wir unseren Spaziergang mit einem kleinen Rundgang am Fuße des Kahlenbergs, zwischen den Weinstöcken bis an den Rand der Stadt. Wenn wir dort ankommen ist es meistens schon dämmrig geworden, meistens auch kalt, weil es November oder Dezember ist. Die orangenen Laternen schalten sich ein und tauchen den Stadtteil in ein eigenwillige Atmosphäre Da spazieren wir dann, im Halbdunkeln, vorbei an niedrigen kleinen Häusern, auf Kopfsteinpflaster bis hin zum großen Pfarrplatz. Vorbei am nächsten Heurigen, am nächsten verwinkelten Eck und Torbogen, an den nächsten Villen. Nur getaucht in orangefarbenes Licht. Es herrscht eine eigene Stimmung, man friert zwar aber genießt die Dämmerung, die Stille und freut sich nach Hause zu kommen, um einen Tee oder eine heiße Schokolade zu trinken.