Schon sehr oft fuhr ich an diesem Lokal vorbei, an dessen Stelle jahrzehntelang eine klassische Wirtshausinstitution in Simmering war — meiner Erinnerung nach«Die Kurve» bzw. «Der Schöllerwirt». Von außen wurde das Haus Tip-Top renoviert und wirkt sehr sauber und eher gehoben. Man würde wegen der Fensterwerbungen meinen, hier gäbe es nur Sushi, Maki oder sonstige Japanische Spezialitäten. Doch weit gefehlt, hier gibt es sehr zahlreiche Schmankerl aus dem Asiatischen Raum, von China über Indonesien bis Taiwan oder Indien und natürlich auch Japan. Vor dem Lokal ein kleiner Gastgarten, der jedoch durch den heftigen Straßenverkehr auf der Kaiser-Ebersdorfer Straße nicht gerade lauschig ist. Das Interieur ist sehr minimalistisch, die Möbel eher stylish modern, aber absolut nicht zum längeren Verweilen gedacht — etwas hart gepolstert. Auch wirkt der Nichtraucherbereich eher wie ein Speisesaal oder eine Speisehalle am Bahnhof. Es ist aber alles sauber und gepflegt — Gemütlichkeit kommt hier jedoch nicht auf, und man kann sich bei höherer Kundenfrequenz lebhaft vorstellen, wie laut es hier durch den Saal hallen würde. Mein Getränk bestand aus einem Krügel Wieselburger zu durchaus günstigen EUR2,90, das sehr gut gekühlt und gezapft war. Als Vorspeise wählte ich die ‘Yaki Gyoza’(EUR3,40), das sind mit Gemüse und Fleisch gefüllte Teigtaschen, die hier, was eher selten ist, gegrillt werden. Serviert wurden sechs Täschchen, deren Fülle ausgezeichnet war. Der Teig sehr kross, dadurch dass die Gyoza hier aber nicht gebraten oder frittiert werden, etwas trocken. Dazu wurden zwei homöopathische Mengen eines Pflaumenmus und einer hausgemachten Knoblauchpaste mit Chili gereicht. Pflaumenmus O.K., die Knoblauchpaste eine Wucht. Günstig fände ich jedoch, zu den eher trockenen Gyoza auch eine Sauce zum Tunken zu servieren. Noch günstiger fände ich, wenn die Vorspeise nicht auf einem kaputten Teller(Ecke sehr abgeschlagen) serviert würde. Die Hauptspeise bestand aus der Karte ‘Mr. Chen’s Spezialitäten’ und war ‘Mr. Chen’s Ume Duck’(EUR12,50) — Knuspriges Entenfilet mit Pflaumensauce, süßlich-pikant. Das Entenfilet wunderbar kross gebraten und das, trotz Bedecken mit der Sauce, bis zum Schluss. Sehr gute Fleischqualität sowie kaum Fett machten es zu einem echten Genuss. Die Sauce hielt, was sie auf der Karte versprach, war süßlich und gleichzeitig pikant und zeitweise durch frischen Chili, der aber auch sehr schmeckte, schön scharf. Zahlreiche Morcheln, Lychees und Ananasstücke befanden sich in der Sauce — ich liebe es. Zu kritisieren gibt es, dass die Sauce mit zu viel Stärke abgebunden war und außerdem für mich deutlich spürbar Glutamat verwendet wurde. Besonders lobenswert ist aber, dass hier bei allen Hauptspeisen der Reis inkludiert ist und das in ausreichendem Maß. Es ist ja sonst immer ein ‘selbstverständliches Zubrot’ eines asiatischen Lokals, für das ich persönlich kein Verständnis habe. Als Nachspeise wurde mir auf Kosten des Hauses ein Kokospudding serviert, der leider geschmacklich von der sehr süßen Himbeersauce erschlagen wurde. Aber er war gut, wenn leider auch wieder, wie bei der Vorspeise, auf einem kaputten Teller serviert. Der Service, also Mrs. Chen, schaut wirklich stets nach den Gästen, fragt, ob etwas gebraucht wird, räumt sofort ab, wenn man mit einem Gang fertig ist und ist immer freundlich lächelnd parat. Besonders charmant fand ich ihren Simmeringer Touch in der Sprache — die Familie Chen dürfte schon länger in Wien leben. Für das Ambiente kann ich in Summe nur ein MÄSSIG geben, da das Lokal einfach nicht gemütlich ist und sich mehr als nur nüchtern präsentiert. Der Gastgarten ist zwar nett, aber, wie beschrieben, ziemlich laut und inmitten der Abgaswolken des Straßenverkehrs. Die Sanitäranlagen sind picobello, hell, sauber und gepflegt. Fazit: das Lokal kann ich besonders den Leuten empfehlen, die absolut kein Glutamat-Problem haben. Es wird hier leider unnötigerweise Glutamat verwendet. Kleinigkeiten bei der Vorspeise und bei der Hauptspeise kosten aber, ebenso wie das Glutamat-Thema, das sehr gut — daher ein ehrliches GUT. Es werden auch durchaus günstige Mittagsmenüs, bei denen der Reis ebenfalls bereits inkludiert ist, angeboten. Ebenfalls gibt es für Sushi-Liebhaber ein durchaus ansprechendes Offerte auf der Karte. Die Preise sind nicht mit denen des klassischen ‘Buffet-Asiaten’ zu vergleichen, etwas höher, aber durchaus angepasst und fair kalkuliert. Also eine Empfehlung von mir, aber nicht, wie ausgeführt, bedingungslos. Es wird hier aber wirklich schmackhaft und interessant gekocht.