Vorausschicken muss ich, dass der Inhaber des Ni Hao, ein Austro-Chinese, wie er sich selbst gerne bezeichnet, namens Jimmy zu mir eine gute Beziehung hat. Ich bin sogar Mit-Administrator auf seiner FB-Seite für dieses Lokal. Dennoch werde ich mich bemühen ihn nicht nur zu bewerben sondern auch zu bewerten. Jimmy und seine Ehefrau betreiben heute das Ni Hao gemeinsam, das sie vor mehreren Jahren von seinem Vater übernommen haben, der es langjährig aufgebaut hat. Er kocht, sie bedient, ein gutes Gespann, aber alles an einem höchst schwierigen Standort. Ein Chinese im Döner-Viertel, geht das? Mehrere Konzepte wurden ausprobiert, eines wurde Gott sei Dank fallengelassen: Das Mittagsbuffet. Irgendwann kotzt der Unmut undankbarer Gäste jeden an, so wurde es wieder abgeschafft. Neue Ideen müssen immer wieder her. Er bezeichnet sein Lokal als Asiatisches Fusions-Restaurant. Ob er das ist, kann ich als Nichtchinese nicht genügend beurteilen. Die Speisekarte bietet einen Querschnitt über mehrere asiatische Nationen, u.a. China, Thailand, Taiwan etc., er versucht mehrere Küchen-Stilrichtungen auf den Teller zu bringen. Und nicht nur das, er bietet für uns Austria-Geschädigte auch Schnitzel an oder, und das ist jetzt kein Scherz, auch a Hasse, d.h. Käsekrainer, Waldviertler. Zumindest werden sie gelistet, ob er wirklich viel davon verkauft, entzieht sich meiner Kenntnis. Gehst du zum Chinesen auf a Hasse? Aber im Kampf ums Überleben will er dem Hunger des Wieners entgegenkommen, damit net jeder im Dönerland hier gleich zum nächsten Laden nebenan abwandert. An der Gestaltung der neuen Speisekarte durfte ich beratend teilnehmen, Gott sei Dank hat er sie voriges Jahr überarbeitet. Ein Gericht daraus ziert meine Handschrift: Rindfleisch Bulgogi Art, ein, soweit ich weiß, Gericht der koreanischen Küche. In dieser Art hat er viele Ideen aufgegriffen. Umgesetzt werden sie aber nicht in völlig authentischer Weise, sondern in einer akzeptablen Austro-Asia-Variante. Ich denke das liegt auch daran, dass Jimmy mittlerweile den größten Teils seines Lebens in Österreich lebt, wesentlich besser Deutsch als Chinesisch spricht, und daher unsere Traditionen und Geschmacksvorlieben schon besser intus hat. Bei der Umsetzung der Authentizität an Speisen kommt daher mehr der Rat seines Vaters bzw. seiner Ehefrau zur Geltung. Derart verstehe ich nun den Begriff Fusionsküche als eine Brücke zwischen asiatischen und österreichischen Vorlieben. Bei der Schärfe geht er individuell auf den Wunsch des Gastes ein. Wer z.B. so wie ich die Sichuan-Küche besonders liebt, der kommt an Chili nicht vorbei. Der Schärfegrad kann frei gewählt werden. Aber bitte sei vorsichtig, wenn du sagt: «Bitte die Suppe scharf», dann kommt sie auch … puh höllisch an den Tisch, mea culpa :-) Ich habe viele gängige Austro-China Gerichte, sei es Ente Sichuan, Gegrillter Lachs, Rind– Hühnerfleisch, diverse Suppen, auch schon Dim Sum etc. gespeist und darf sagen, dass er wesentlich besser kocht als die meisten Durchschnittschinesen in ganz Wien, die nur auf der Junk– und Billigschiene fahren und bin heilfroh, dass man hier auf die Qualität der Speisen setzt, was auch beim Einkauf der Ware berücksichtigt wird. Getränke sind allesamt sehr österreichisch, klarerweise kennt man sich aber mit Tee hier aus. Weine werden immer von Lieferanten nach der Kategorie«leistbar» ausgesucht, aber auf die Qualität wird auch hier geachtet, und sie stimmt. Zum Ambiente kann ich sagen, dass der vordere Bereich durchschnittlich ist. Sauber und gepflegt ist selbstredend, aber wer mit einer größeren Gruppe hier einkehren möchte, dem lege ich den rechten«Goldenen» Saal ans Herz, der etwas kaiserliches Flair versprüht, gestaltet in kardinalrot und goldenen Verzierungen. Dort befindet sich auch ein klassischer Drehtisch, der in Chinalokalen ja keine Seltenheit ist. Dieser Bereich wurde vom Vater mühsam und sehr aufopfernd und liebevoll gestaltet. Der Service ist sehr familiär, das spürt man, nur spricht Jimmys Ehefrau nicht so gut Deutsch, daher gibt es manchmal Verständigungsprobleme, ansonsten keinerlei ernsthafte Beanstandungen meinerseits. Wünscht man eine spezielle Zubereitung bittet man am besten den Koch zu seinem Tisch, und … er kommt auch. :-) Die Preise sind sehr günstig bis moderat. Man kann ausgesprochen günstig(das ist etwas anderes als billig) essen und auch aus der komplexeren Abendkarte ein mehr asiatisch orientiertes Gericht speisen. Wie schon erwähnt muss Jimmy diesen Kompromiss schließen um an diesem Standort überleben zu können. Zusammenfassend darf ich sagen, dass mir dieses Lokal aufgrund der Ehrlichkeit zum Bekenntnis eines Austro-China-Lokals aber mit der klaren Verpflichtung zur Qualitätsküche von allen mir bislang bekannten Chinesen dieser Art in Wien das liebste geworden ist. Du kannst nun selbst entscheiden, ob ich hier eine Werbung oder Bewertung vorgenommen habe :-). Insgesamt erachte ich 4 Sterne für die Art dieses Lokaltypes als gerechtfertigt.