Servitengasse

Normalerweise fahre ich mit der U-​Bahn zur Uni. Immer öfter kommt es aber vor, dass ich mich doch entscheide zu Fuß zu gehen. Ein bisschen frische Luft schadet ja nicht. Normalerweise gehe ich dann immer die Berggasse rauf. Heute bin ich aber vom Weg abgekommen. Heute bin ich plötzlich in der Servitengasse gestanden.
Da stand ich dann und dachte, wow, warum ist mir das bis jetzt verborgen geblieben? Wie kann es sein, dass ich noch nie hier war? Das mir das alles neu ist? Gut, naja, nachdenken braucht man da nicht lange, der Weg führt eben nicht vorbei und so leicht verlässt man nicht gutbewährte Pfade. Da geht man stur geradeaus ohne nach links oder rechts zu sehen. Ohne irgendeiner leisesten Ahnung was man verpasst, was einem entgeht.
Egal ist es eigentlich schon. Gut hab ich sie erst jetzt entdeckt, besser später als nie. Aber ich bin völlig begeistert. Die Servitengasse ist einer der Gassen, die genauso wie Porzellangasse oder der Karmeliterplatz angeeignet werden wollen. Ins Gedächtnis gespeichert und bei jeglichem Erinnerungsverlust sofort wieder aufgesucht werden müssen.
Biegt man also von unten auf der Berggasse kommend am Schlickplatz scharf nach rechts ab ist man am Ziel angelangt. Sofort wird man das Flair erkennen, die Besonderheit der Straße. Die grünen Bäume, das Kopfsteinpflaster. Wird schauen durch die Straße rennen und hoffen nicht gegen eine Laterne zu laufen, weil man mit dem Schauen nicht aufhören kann. Wird Pläné schmieden, wo man überall baldmöglichst einkehren oder einkaufen will. Da wechseln sich die süßesten Geschäfte mit den gemütlichsten und elegant wirkenden Lokalen ab. Dazwischen eine Menge Bäume und Kopfsteinpflaster. Am Ende die Servitenkirche, die mit ihren barocken gelben Türmen herausragt.
Ein weiteres Kriterium was hier in dieser kleinen Straße gilt ist die Langsamkeit. Keine Hektik, kein Stress. Als ich durch spazierte überquerte gerade eine Frau die Straße. Sie schien sich zu beeilen wollen, hinter ihr wartet ein paar Autos (übrigens ohne zu fluchen oder zu hupen). Aus dem Fenster gelehnt rief ihr eine andere Frau dann zu:“Nur keine Eile. Das hier ist eine Wohnstraße!“
Hier ticken die Uhren anscheinend etwas langsamer, hier geht man es gemütlicher an. Macht auch gar nichts, denn Stress sollte man ja vermeiden. Den gibt es sowieso viel zu viel in einer Großstadt. Gut, dass es eben dann doch noch Straßen wie die Servitengasse gibt. Wo man sich wohlfühlt, wo man schlendert, Schaufenster anschaut und ja, älteren Damen beim Straße überqueren zu sieht.