Blaue Tür

Wien ist in vielen Hinsichten eine kontroverse und eigenartige Stadt. Da wir das Glück hatten im Zweiten Weltkrieg nicht zur Gänze zerstört worden zu sein, gibt es noch sehr viele Gebäude, Häuser– und Straßenzüge aus dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Und weil damals das Wissen über Städteplanung noch in den Kinderschuhen steckte, hat es im Sommer teilweise gefühlte 40 Grad und im Winter bläst der Wind durch die Häuserschluchten das du zum Teil die Wohnung gar nicht mehr verlassen willst.
Wenn der Sommer dann langsam Abschied nimmt, kommt relativ schnell der Nebel über die Stadt. Dieser Nebel lässt das bunte der Stadt verschwinden und färbt alles in ein einheitliches Grau. Anfangs noch romantisch und schön, wird dies auf Dauer ungemütlich und zum Teil auch ein wenig depressiv.
Neulich als ich durch die Blindengasse spazierte und jedes Gebäude das gleiche Straßenverdreckte Grau als Außenfassade zierte, fiel mir eine blaue Tür auf. Eine kleine schmale blau lackierte Tür, inmitten eines großen breiten grauen Hauses. Welchen Zweck diese Türe hat, kann ich nicht beantworten. Es könnte genauso eine Kellertür wie auch eine Tür in eine andere Welt sein, ich weiß es nicht.
Doch weiß ich, dass ich bei Nebel und beim Gefühl der kommenden Winterdepression sehr gerne die blaue Tür in der Blindengasse ansehe, weil dieses kleine bisschen Farbe inmitten von so viel Grau, mich daran erinnert, dass jeder Nebel mal vorüber geht und die Sonne auf mich wartet.