Kaum sitzt Du an diesem Platz, welcher von einer Statue von Nestroy(Nestroy vertrat ja vor allem folgendes Credo, welches man sich ja immer selbst vergegenwärtigen sollte: «Das Leben ist zu kurz, um es mit Gram zu verbringen, lache lieber, lache lieber über Dich selbst, erkenne, dass Du ein Narr bist, dann steht die ganze Welt für dich offen.» Wer dieses Zitat von Nestroy sucht, wird nicht fündig werden, denn ich war so frei und habe es ihm in den Mund gelegt, er hätte diesen Satz sicherlich unterschrieben. Nestroy war sozusagen eine Wiener Mixtur aus Till Eulenspiegel und Buddha. Sitzt man vor dem zu besprechenden Lokal, hat man die Hinteransicht von der Nestroystatue vor Augen, ist wohl auch ein Statement…)geschmückt wird, beginnt die Realität langsam und unmerklich zu schwinden bis man mittendrin im Paris der späten 80er Jahre des 19. Jahrhunderts ist. Alles ist plötzlich übernatürlich bunt, hell, grell, extrem intensiv, Deine Sinne schärfen sich, Du hast plötzlich das Gehör einer Fledermaus(der Vampirmythos passt natürlich zu einer dem Eros beflügelnden Stadt), den Geruchssinn eines Wolfes(der Werwolf in Dir möchte zum Ausbruch gelangen), die Scharfsichtigkeit eines Raubvogels(die mythologische Kombination des Greifs macht dich unbesiegbar) Du spürst das Leben das erste Mal in seiner ganzen Größe, in seiner wahren Bedeutung. Vincent van Gogh verkauft Dir günstig ein Bild, dieses wird Dich später sehr reich machen. Kleine Französinnen mit braunen, strahlenden Augen ziehen an Dir vorbei, der Himmel ist heute sehr nahe… Diese braunen Augen hypnotisieren Dich, ziehen Dich immer mehr in den Strudel der Imagination, in das Surreale hinein, oder ist dies endlich die Wirklichkeit, welche durch einen jahrtausendenalten Fluch unbekannter und unendlich mächtiger Wesen versteckt und verdeckt wurde?! Musikfetzen hallen wie Echos an Deine Ohren, du durchlebst die französische Musikgeschichte: Georges Bizet, Jacques Offenbach, Maurice Ravel, Claude Debussy, Eric Satie, Yvette Guilbert, Aristide Bruant(war ein französischer Kabarettsänger, Schriftsteller, Komödiant und Nachtklubbesitzer, der durch die Plakate von Henri de Toulouse-Lautrec, auf denen er als Mann im roten Schal und schwarzen Mantel zu sehen ist, sehr bekannt wurde), Maurice Chevalier, Josephine Baker, Édith Piaf, Charles Trenet, Yves Montand, Charles Aznavour, Georges Brassens, Jacques Brel(er war gebürtiger Belgier und doch der Inbegriff eines Franzosen), Gilbert Bécaud, France Gall, Brigitte Bardot, Jacques Dutronc, Françoise Hardy, Jane Birkin, Serge Gainsbourg, Jean Michel Jarre, Les Rita Mitsouko, Guesch Patti, MC Solaar(er wurde in Senegal geboren), Les Négresses Vertes, Manu Chao, Air, Daft Punk, Louise Attaque, Nouvelle Vague, Matmatah, Charlotte Gainsbourg, Damien Saez(für mich einer der besten französischen Künstler im Moment)… Wie im Opiumrausch durchlebst Du den französischen Traum von Liberté, Égalité, Fraternité…Diesmal treten Filmfragmente an Deine weit aufgerissenen, ekstatisch verzückten Augen, du durchlebst die französische Filmgeschichte, welche für Dich immer so bereichernd war: Louis und Auguste Lumière, Georges Méliès-Die Reise zum Mond(Le voyage dans la lune), Fernandel, Jean Gabin, Jean Renoir, Marcel Carnés-Kinder des Olymp, Jean Cocteaus– Die Schöné und das Biest, Filmfestival von Cannes, Jacques Tati, Jean-Pierre Melville, Simone Signoret, Philippe Noiret, Nouvelle Vague, Jean-Luc Godard, François Truffaut, Éric Rohmer, Jacques Rivette, Louis Malle, Alain Resnais, Claude Chabrol, Bertrand Blier, Jean Seberg(wurde in den USA geboren), Jean-Paul Belmondo, Jean-Louis Trintignant, Brigitte Bardot, Catherine Deneuve, Jean-Pierre Léaud, Anna Karina(kam mit 18 aus Dänemark nach Paris), Louis de Funès, Pierre Richard, Alain Delon, Romy Schneider(sie ging mit 20 nach Paris), Claude Brasseur, Gérard Depardieu, Miou-Miou, Michel Blanc, Isabelle Huppert, Isabelle Adjani, Daniel Auteuil(er wurde in Algerien geboren und zählt heute zu den wichtigsten französischen Schauspielern), Charlotte Rampling(sie ist gebürtige Britin), Juliette Binoche, Sophie Marceau, Jean Reno, Luc Besson, Jean-Pierre Jeunet, François Ozon, Charlotte Gainsbourg, Audrey Tautou, Michael Haneke(seit 2000 dreht er Filme in Frankreich)… Die Musik von unzähligen Komponisten, Sängerinnen und Sängern verschmilzt mit den Millionen Filmbildern, das alles innerhalb einer Sekunde und doch die Ewigkeit in sich bergend… Das Wirtshaus«Zum Mader am Platzl» gleicht einem Pariser Bistro, das hohe gelbe, schon etwas verwitterte und dadurch nur noch schönere Gebäude könnte ich stundenlang betrachten. Der ganze Platz strahlt für mich eine überirdische Aura aus, dort lässt es sich stundenlang verweilen. Die Mittagsmenüs sind mit Euro 6.90 nicht zu teuer, da die Portionen groß sind und die Qualität hervorragend ist.
Robert F.
Rating des Ortes: 5 Wien, Österreich
Die fünf * geb ich jetzt einmal weils von draußen schön ausschaut. Steht gleich ums Eck vom ATVSendehaus, trotzdem auf wunderhübschem Plätzchen gelegen, Häuschen in Biedermeier, ein Brünnlein vor dem Tore, schmale Gässchen, dort augewachsene Bäume, Kopfsteinpflaster, ein geiles Eck, obs auch schmeckt und herum passt werde ich demnächt in Erfahrung bringen und darüber berichten.